Die Zeit rennt. Und so stand der Tag des Abschieds plötzlich vor der Tür, sogleich gefolgt vom Tag des Heimkommens. Gefühlsintensive Stunden bildeten die Brücke zwischen Ecuador und der Schweiz, ein lachendes und ein trauriges Auge begleiteten mich in dieser Zeit.
Rückkehr nach Otavalo
Nach der abenteuerlichen Busfahrt von San Agustín nach Popayan warteten wir, wie letztmals erwähnt, auf den Nachtbus nach Ipiales bzw. der ecuadorianischen Grenze. Die Zeit vertrieben wir mit Blog schreiben, essen und mehreren Runden Dog spielen, wobei der Ehrgeiz ein wenig mit mir durchging und Kathi ihre kribblignervöse Seite zeigte. Diese Szenerie liess drei Kolumbianer zu uns kommen um sich nach dem Sinn des Spiels zu erkunden.
Um 11 Uhr fuhr mit einiger Verspätung das chinesische Rumpelkistli ab. Das war kein netter Abschied von Kolumbien, wo auf solchen Strecken sonst meist grosszügige Strassenkreuzer rumrase… äh, -kurven. Die Nacht war denn auch so ziemlich an erster Stelle aller mühsamen Nachtbusfahrten. Wobei kleine Augen ja bei der Kokskontrolle durch die Polizei eher ein Vorteil sind… Wie auch immer, wir sind nicht kontrolliert worden und bestens über die Grenze gekommen. In Tulcan warteten dann wieder die ecuadorianischen Traktore auf die Weiterfahrt. Man nennt sie zwar auch Busse, aber das Fahrgefühl ist schon eher traktorig und eine Unterhaltung in der Nähe von Motor und Auspuff schwieriger. Aber dafür sind die Anwerber noch flinker – wir haben das Billett ausgefüllt in der Hand gehabt, als das Gepäck noch im Kofferraum des Colectivos verstaut war – Hauptsache wir reisen mit dem Unternehmen des betreffenden Anwerbers.
In Otavalo angekommen und nachdem der Hunger gestillt war, überraschten wir Clivia mit unserer Präsenz, quatschten viel und liessen es Nacht werden. Derweil schnitt ich mir die Haare wieder auf eine verträgliche Länge.
Abschied in der Schule und Familie
Am Freitag ging ich zum letzten Mal für absehbare Zeit nach Tocagón, um mich von den Kindern, den Maestras und der Familie zu verabschieden.
Der Aufstieg zeigte mir, dass ich in Kolumbien offenbar wieder etwas von meiner höhenerprobten Fitness verloren hatte. So kam ich fast ausser Atem aufs Schulgelände und das Herz klopfte wohl auch noch etwas wegen Aufregung, nochmals die Kinder zu sehen. Als mich das ersten Mädchen erblickte, ertönte ein Freudenschrei und in Windeseile kam die ganze Schar auf mich zuzurennen – wie in der besten Axe-Werbung! Gut, ich hatte Axe unter den Achseln… ob die Werbung wohl recht hat oder sie mich nicht doch einfach irgendwie gern haben? Ich vermute zweiteres, denn schon wieder habe ich zwei kleine Briefli bekommen, wo zwei Mädchen aus der Vierten mir nochmals mitteilen, wie sehr sie mich vermissen. Es ist ein wahnsinnig schönes Gefühl von Kindern das Signal zu erhalten, irgendwie gemocht zu werden, auch wenn ich nicht immer mit dem Zuckerbrot unterrichtete.
Die letzten beiden Schulstunden bin ich in den verschiedenen Klassenzimmern und auf dem Spiel- und Sportplatz herumgetigert, habe Fotos gemacht, mit den Kindern gespielt und den Spass gehabt. Insbesondere auf dem Spielplatz wollten sie mich nicht mehr gehen lassen, weil ihnen meine Drehgeschwindigkeit am Girarbol derart gefiel. A propos Spielplatz: Die Lehrerinnen haben sich nicht wirklich ernst über den Spielplatz beklagt, weil es jetzt so schwer sei die Kinder von der Pause in die Schulzimmer zurück zu holen ;-).
Aber ich wollte noch zur Familie hoch – die aufgrund meiner eher spontanen Ankündigung (Vorabend) nur aus Dolores und Ines, der Frau von Fausto, sowie Alex, meinem Nachfolger, bestand. Sebastian war noch auf einem Bau beschäftigt (habe ihn aber noch gesehen) und die vier Kinder waren sonst irgendwo – und die habe ich leider nicht mehr gesehen. Dafür kletterte Rambo an mir hoch :-). Als ich die gute Stube (eher Küche) verliess, liess Dolores ihrer Traurigkeit freien Lauf und wünschte mir das Beste und dass ich doch irgendwann zurückkommen möge. Ist ein doofes Gefühl, wenn man bei Abschieden nicht gleich sentimental reagiert und so irgendwie den Eindruck hinterlässt es berühre einem nicht ganz so… Aber ich realisierte es schlicht noch nicht so, wie bei allen andern Abschieden auch…
Auch schön war, dass ich bei meinem letzten Gang durch das Dorf in Richtung Pana und Bus noch von verschiedenen Leuten gefragt wurde, ob ich das letzte Mal hier sei und wann ich fliege. Und dabei erhielt ich eine Vielzahl von Glück- und guten Reisewünschen.
Abschied von den Volontären
Am späteren Nachmittag verabschiedeten wir uns von Monika und Celia, der Präsidentin und der Koordinatorin des Projekts Cielo Azul bei einem Kaffee (in meinem Fall Jugo) und tauschten dabei noch einige Anekdoten aus.
Abends dann, nach dem Nachtessen pilgerten wir ein letztes Mal in unser Stammlokal Fauno, wo bei einem zwei Mojito auf eine wunderbare, lehr- und erfahrungsreiche Ecuadorzeit angestossen wurde.
Abschied von Ecuador
Am Samstagmorgen dann der Aufbruch mit dem Bus nach Quito. Weil Kathi am Sonntag flog, kam Clivia mit und so luden wir erst Kathis Gepäck im Hostal in Quito ab und fuhren dann zu unserem Lieblingssalatbuffet (siehe Bogotá), das von einem feinen Glacé gekrönt wurde. Anschliessend fuhr uns das Taxi zum Flughafen, wo ich mich von den Beiden leider verabschieden musste. Ich werde sie vermissen! Das Wetter leistete ebenfalls seinen Beitrag zur traurigen Stimmung.
Und so habe ich dann leider auch nicht mehr viel vom Land gesehen beim Abflug, denn die Wolken hingen tief und als es wolkenfrei wurde gegen Guayaquil war dann auch schon dunkel.
Flug
In Guayaquil mussten alle für eineinhalb Stunden das Flugzeug verlassen, was ich als eher mühsam empfand. Nun gut, dafür flogen wir pünktlich und kamen leicht vorzeitig in Madrid an. Weil der dortige Terminal (einer von Fünfen) derart gross ist, konnte ich die Wartezeit gemütlich mit zweimal Auf- und Ablaufen vorüberbringen.
Eigentlich hätte ich gerne beim Anflug nach Zürich die Schweiz von oben gesehen, aber bei einer geschlossenen Wolkendecke wo es unten rausplätschert ist das nur bei guter Vorstellungskraft möglich.
Willkommen zurück!
Nachdem ich Koffer und Rucksack ab dem Band genommen hatte, schritt ich zum Ausgang und hatte die Mundwinkel wohl an den Ohren hinten, so freute ich mich meine Liebsten wieder zu sehen! Vielen Dank an das Willkommenskomitee für den herzlichen Empfang! Ich habe auf dem Flug von Madrid nach Zürich nichts gekriegt und musste daher meinen Hunger stillen gehen, also genehmigte ich mir nach langer langer Zeit wieder eine Bratwurst an Zwiebelsauce mit Röschti – sensationell! 🙂
Etwas später fuhren wir nach Hause und an der Wohnungstüre erwartete mich ein grosses Willkommensplakat voll Schoggi, sodass der ganze Wohnblock spätestens jetzt wusste, dass ich a) weg war und b) gerne Schoggi habe ;-). Nach gut 36 Stunden auf den Beinen (bzw. auf den Füdliknochen) schritt ich nur noch Richtung Bett via Zahnbürschtli und gab mich dem Reich der Träume hin.
Akklimatisation
Nun bin ich noch nicht einmal 48 Stunden daheim. Es kommt mir aber schon viel länger vor, blende ich mal die Wäscheberge und sonstigen noch nicht versorgten Dinger aus. Ist das ein gutes Zeichen? Ich denke schon, jedenfalls fühle ich mich pudelwohl in all den vertrauten Situationen und meine Nase riecht so altbekannte Dinge, die irgendwie Heimat bedeuten. Es ist schön zuhause zu sein!
In den nächsten Tagen habe ich noch so einiges zu tun; einige Dinge will ich, andere muss ich. Fotos durcharbeiten, offiziell zügeln, Freunde treffen und dann beginnt bald mal die Arbeit.
Dieser Beitrag dürfte wohl der letzte in dieser Reihe gewesen sein… Ich danke für das grosse Interesse an Text und insbesondere Bild und wünsche euch gutes Gelingen eurer Reisewünsche!
Liebe Grüsse, Dani
Fotos