Abschied und Ankommen

4. Mai 2010

Die Zeit rennt. Und so stand der Tag des Abschieds plötzlich vor der Tür, sogleich gefolgt vom Tag des Heimkommens. Gefühlsintensive Stunden bildeten die Brücke zwischen Ecuador und der Schweiz, ein lachendes und ein trauriges Auge begleiteten mich in dieser Zeit.

Rückkehr nach Otavalo

Nach der abenteuerlichen Busfahrt von San Agustín nach Popayan warteten wir, wie letztmals erwähnt, auf den Nachtbus nach Ipiales bzw. der ecuadorianischen Grenze. Die Zeit vertrieben wir mit Blog schreiben, essen und mehreren Runden Dog spielen, wobei der Ehrgeiz ein wenig mit mir durchging und Kathi ihre kribblignervöse Seite zeigte. Diese Szenerie liess drei Kolumbianer zu uns kommen um sich nach dem Sinn des Spiels zu erkunden.

Um 11 Uhr fuhr mit einiger Verspätung das chinesische Rumpelkistli ab. Das war kein netter Abschied von Kolumbien, wo auf solchen Strecken sonst meist grosszügige Strassenkreuzer rumrase… äh, -kurven. Die Nacht war denn auch so ziemlich an erster Stelle aller mühsamen Nachtbusfahrten. Wobei kleine Augen ja bei der Kokskontrolle durch die Polizei eher ein Vorteil sind… Wie auch immer, wir sind nicht kontrolliert worden und bestens über die Grenze gekommen. In Tulcan warteten dann wieder die ecuadorianischen Traktore auf die Weiterfahrt. Man nennt sie zwar auch Busse, aber das Fahrgefühl ist schon eher traktorig und eine Unterhaltung in der Nähe von Motor und Auspuff schwieriger. Aber dafür sind die Anwerber noch flinker – wir haben das Billett ausgefüllt in der Hand gehabt, als das Gepäck noch im Kofferraum des Colectivos verstaut war – Hauptsache wir reisen mit dem Unternehmen des betreffenden Anwerbers.

In Otavalo angekommen und nachdem der Hunger gestillt war, überraschten wir Clivia mit unserer Präsenz, quatschten viel und liessen es Nacht werden. Derweil schnitt ich mir die Haare wieder auf eine verträgliche Länge.

Abschied in der Schule und Familie

Am Freitag ging ich zum letzten Mal für absehbare Zeit nach Tocagón, um mich von den Kindern, den Maestras und der Familie zu verabschieden.

Der Aufstieg zeigte mir, dass ich in Kolumbien offenbar wieder etwas von meiner höhenerprobten Fitness verloren hatte. So kam ich fast ausser Atem aufs Schulgelände und das Herz klopfte wohl auch noch etwas wegen Aufregung, nochmals die Kinder zu sehen. Als mich das ersten Mädchen erblickte, ertönte ein Freudenschrei und in Windeseile kam die ganze Schar auf mich zuzurennen – wie in der besten Axe-Werbung! Gut, ich hatte Axe unter den Achseln… ob die Werbung wohl recht hat oder sie mich nicht doch einfach irgendwie gern haben? Ich vermute zweiteres, denn schon wieder habe ich zwei kleine Briefli bekommen, wo zwei Mädchen aus der Vierten mir nochmals mitteilen, wie sehr sie mich vermissen. Es ist ein wahnsinnig schönes Gefühl von Kindern das Signal zu erhalten, irgendwie gemocht zu werden, auch wenn ich nicht immer mit dem Zuckerbrot unterrichtete.

Die letzten beiden Schulstunden bin ich in den verschiedenen Klassenzimmern und auf dem Spiel- und Sportplatz herumgetigert, habe Fotos gemacht, mit den Kindern gespielt und den Spass gehabt. Insbesondere auf dem Spielplatz wollten sie mich nicht mehr gehen lassen, weil ihnen meine Drehgeschwindigkeit am Girarbol derart gefiel. A propos Spielplatz: Die Lehrerinnen haben sich nicht wirklich ernst über den Spielplatz beklagt, weil es jetzt so schwer sei die Kinder von der Pause in die Schulzimmer zurück zu holen ;-).

Aber ich wollte noch zur Familie hoch – die aufgrund meiner eher spontanen Ankündigung (Vorabend) nur aus Dolores und Ines, der Frau von Fausto, sowie Alex, meinem Nachfolger, bestand. Sebastian war noch auf einem Bau beschäftigt (habe ihn aber noch gesehen) und die vier Kinder waren sonst irgendwo – und die habe ich leider nicht mehr gesehen. Dafür kletterte Rambo an mir hoch :-). Als ich die gute Stube (eher Küche) verliess, liess Dolores ihrer Traurigkeit freien Lauf und wünschte mir das Beste und dass ich doch irgendwann zurückkommen möge. Ist ein doofes Gefühl, wenn man bei Abschieden nicht gleich sentimental reagiert und so irgendwie den Eindruck hinterlässt es berühre einem nicht ganz so… Aber ich realisierte es schlicht noch nicht so, wie bei allen andern Abschieden auch…

Auch schön war, dass ich bei meinem letzten Gang durch das Dorf in Richtung Pana und Bus noch von verschiedenen Leuten gefragt wurde, ob ich das letzte Mal hier sei und wann ich fliege. Und dabei erhielt ich eine Vielzahl von Glück- und guten Reisewünschen.

Abschied von den Volontären

Am späteren Nachmittag verabschiedeten wir uns von Monika und Celia, der Präsidentin und der Koordinatorin des Projekts Cielo Azul bei einem Kaffee (in meinem Fall Jugo) und tauschten dabei noch einige Anekdoten aus.

Abends dann, nach dem Nachtessen pilgerten wir ein letztes Mal in unser Stammlokal Fauno, wo bei einem zwei Mojito auf eine wunderbare, lehr- und erfahrungsreiche Ecuadorzeit angestossen wurde.

Abschied von Ecuador

Am Samstagmorgen dann der Aufbruch mit dem Bus nach Quito. Weil Kathi am Sonntag flog, kam Clivia mit und so luden wir erst Kathis Gepäck im Hostal in Quito ab und fuhren dann zu unserem Lieblingssalatbuffet (siehe Bogotá), das von einem feinen Glacé gekrönt wurde. Anschliessend fuhr uns das Taxi zum Flughafen, wo ich mich von den Beiden leider verabschieden musste. Ich werde sie vermissen! Das Wetter leistete ebenfalls seinen Beitrag zur traurigen Stimmung.

Und so habe ich dann leider auch nicht mehr viel vom Land gesehen beim Abflug, denn die Wolken hingen tief und als es wolkenfrei wurde gegen Guayaquil war dann auch schon dunkel.

Flug

In Guayaquil mussten alle für eineinhalb Stunden das Flugzeug verlassen, was ich als eher mühsam empfand. Nun gut, dafür flogen wir pünktlich und kamen leicht vorzeitig in Madrid an. Weil der dortige Terminal (einer von Fünfen) derart gross ist, konnte ich die Wartezeit gemütlich mit zweimal Auf- und Ablaufen vorüberbringen.

Eigentlich hätte ich gerne beim Anflug nach Zürich die Schweiz von oben gesehen, aber bei einer geschlossenen Wolkendecke wo es unten rausplätschert ist das nur bei guter Vorstellungskraft möglich.

Willkommen zurück!

Nachdem ich Koffer und Rucksack ab dem Band genommen hatte, schritt ich zum Ausgang und hatte die Mundwinkel wohl an den Ohren hinten, so freute ich mich meine Liebsten wieder zu sehen! Vielen Dank an das Willkommenskomitee für den herzlichen Empfang! Ich habe auf dem Flug von Madrid nach Zürich nichts gekriegt und musste daher meinen Hunger stillen gehen, also genehmigte ich mir nach langer langer Zeit wieder eine Bratwurst an Zwiebelsauce mit Röschti – sensationell! 🙂

Etwas später fuhren wir nach Hause und an der Wohnungstüre erwartete mich ein grosses Willkommensplakat voll Schoggi, sodass der ganze Wohnblock spätestens jetzt wusste, dass ich a) weg war und b) gerne Schoggi habe ;-). Nach gut 36 Stunden auf den Beinen (bzw. auf den Füdliknochen) schritt ich nur noch Richtung Bett via Zahnbürschtli und gab mich dem Reich der Träume hin.

Akklimatisation

Nun bin ich noch nicht einmal 48 Stunden daheim. Es kommt mir aber schon viel länger vor, blende ich mal die Wäscheberge und sonstigen noch nicht versorgten Dinger aus. Ist das ein gutes Zeichen? Ich denke schon, jedenfalls fühle ich mich pudelwohl in all den vertrauten Situationen und meine Nase riecht so altbekannte Dinge, die irgendwie Heimat bedeuten. Es ist schön zuhause zu sein!

In den nächsten Tagen habe ich noch so einiges zu tun; einige Dinge will ich, andere muss ich. Fotos durcharbeiten, offiziell zügeln, Freunde treffen und dann beginnt bald mal die Arbeit.

Dieser Beitrag dürfte wohl der letzte in dieser Reihe gewesen sein… Ich danke für das grosse Interesse an Text und insbesondere Bild und wünsche euch gutes Gelingen eurer Reisewünsche!

Liebe Grüsse, Dani

Fotos


San Agustín

29. April 2010

Der Abschluss unserer Kolumbienreise fuehrte zu Grabdenkmaeler in allen Formen und Groessen und weckte bei Kathi Lust auf ein solches Grabmannli im Garten, derweil mir die Landschaft mehr Gefallen bereitete.

Parque Arquelogico

Nachdem wir nach der Ankunft am Montagmorgen den halben Tag nachverschliefen, bewegten wir unsere Fuesse nach einem feinen Almuerzo zielsicher dem Archaeologischen Park von San Agustín entgegen. Die sinkende Sonne verhiess uns nur noch knappe eineinhalb Stunden Besichtigung des ganzen Parks und der Waechter nur noch eine halbe Stunde, bis der am weitesten entfernte Punkt schliessen wuerde. Also liefen wir schnurstraks zum Alto de los Irgendwas, einer kleinen Ansammlung von Graebern auf einer kleinen Erhebung mit schoenem Rundumblick. Alle Graeber sind nach dem gleichen Prinzip aufgebaut: In einer Senke ist nochmals eine kleinere Senke eingelassen, wo mit Steinplatten ein Grab ausgebildet ist. Teilweise sind die Graeber von grossen Steinplatten abgedeckt, oefters mal offen. Aber fast immer hat’s davor so einen stylisierten, grinsenden und Faeuste zusammenhaltenden Steinmenschen. All die Graeber stammen nach meinen Informationen noch aus praehispanischer Zeit und gehoeren seit 15 Jahren zu den Unesco-Weltkulturerben.

Die restliche Zeit liessen wir uns von der Karte durch die uebrigen Grabstellen des Parks leiten. Kathi bekam Lust, so ein grinsendes Steinmanndli in ihrem kuenftigen Garten aufzustellen. Ich konnte der ganzen Sache aber weniger abgewinnen und erfreute mich derweil der ueppig gruenen Landschaft.

Zurueck im Dorf hielten wir Ausschau nach einem feinen Abendessen. Das Gute liegt so nah und nach diesem Motto handelnd wechselten wir vom Hostal die Strassenseite und betraten das Lokal der PizzaMania. Der Name ist Programm und so tanzte die Inhaberin wild zu groovigem Funksound. Ich hoere mich noch zu Kathi sagen, dass sie abgehe wie Schmidts Katze… Kurz darauf unterhielten wir uns auch schon in Deutsch, da der Akzent im Spanischen einem halt doch verraet… Ich glaube sie hat meinen Spruch nicht mitbekommen oder nahm ihn still als Kompliment auf; jedenfalls konnten wir ohne schlechtes Gewissen eine riesige feine Pizza mit allem moeglichen bestellen. War ein amuesanter Abend :-).

Jeeptour

Nachdem uns Juan, der Hostalinhaber am Vortag noch gross von seiner Jeeptour vorgeschwaermt hatte und noch extra erwaehnte, dass seine Tour etwas teurer sei, wir im Gegensatz zu anderen Anbietern nicht einfach rumchauffiert werden sondern Erklaerungen folgen, buchten wir eine solche Tour fuer den folgenden Tag.

Um 9 Uhr startete der ganze Spass und schon bald war klar, dass nicht wie versprochen Juan selber uns fuehrte, sondern wegen der auf sieben Leute angewachsenen Gruppe Alvaro uns mit seinem grossen Jeep die interessanten Plaetze zeigen werde. Und Alvaro war gespraechig! Die einzigen Saetze die ueber seine Lippen huschten waren „Aqui estamos“ (Hier sind wir), „Esto es el parque“ (Das ist der Park) und „Pueden salir para tomar fotos“ (Ihr koennt aussteigen um Fotos zu machen). Alle weiteren Erklaerungen waren rein imaginaerer Natur… Es war ein netter Ausflug, aber wir waren schon ein wenig enttaeuscht, denn es war mehr ein Taxiservice zu den touristischen Punkten denn eine gefuehrte Tour. Immerhin haben wir die engste Stelle des grossen Rio Magdalena gesehen (2m Breite), den hoechsten Wasserfall Kolumbiens (und zweithoechsten Suedamerikas) bestaunen koennen und haben noch zwei weitere groessere und kleinere Parks mit diesen von den grinsenden Steinmanndli bewachten Graebern erkundet.

Weil im oben erwaehnten Lokal wegen freiem Tag leider keine Pizzamania stattfinden konnte, verkoestigten wir uns zunaechst auf der Strasse mit so Haerdoepfel-Ei-Baellen und dann gemuetlich an einem Tischli im Hostal zur Feier des letzten Kolumbienausflugs noch fluessig mit ein wenig Wein.

Wenn hinter jeder Ecke ein Raubueberfall lauert

Heute Morgen sind wir mit dem Bus in San Agustín gestartet und knappe 6 Stunden ueber Schlaglochstrassen durch die Wildnis geholpert. Kurz nach dem Bruenzlihalt kam ein Jeep entgegen, der dem Chauffeur meldete, er sei „bei der Bruecke“ ausgeraubt worden. Panik im Bus! Alle verstauten ihre Wertsachen irgendwo an Orten wo Diebe nicht hinkommen oder wollen. Ich teilte meine Wertsachen auf die Lendentasche und den Schuh auf, so je ein Kaertli, ein wenig Geld und die Fotos da oder dort. Ist nicht wirklich ein vergnuegliches Reisen, wenn man hinter jeder Ecke der unuebersichtlichen Strasse, hinter jeder Nebelwand oder den Bueschen einen Raubueberfall vermuten muss. Nur soviel: Es ist noch alles in meinem Schuh und an der Lende. Wir wurden nicht einmal angehalten oder bedroht. Nur das Schild bei der erwaehnten Bruecke liess einem noch ein zweites Mal erschaudern: „Puente peligroso, en mal estado!“ (Gefaehrliche Bruecke, in schlechtem Zustand). Und so sah sie auch aus und das Geholper beim Drueberfahren tat sein Uebriges zum mulmigen Gefuehl. Ich sage Mami immer, dass nicht etwa Raften oder dergleichen gefaehrlich sei, sondern ich hoechstens auf der Strasse mal umkomme…

Ist aber alles gut gegangen, nicht mein Geist schreibt diesen Blog, sondern ich persoenlich aus Fleisch und Blut. Sind derzeit in Popayan und warten auf den Nachtbus nach Ipiales, um morgen in der Frueh die Grenze zu Ecuador zu passieren, sodass wir mittags wieder in Otavalo sind. Und am Samstag geht dann auch schon mein, am Sonntag Kathis Flieger zurueck in die jeweilige Heimat.

Fotos


Bogotá

28. April 2010

Kommentare:

  • @ Achmed: Kaartikaa hat super zu mir geschaut, sodass ich rasch wieder auf den Beinen war und meine Energie wieder fuer die Verteidigung meiner Augenbalken verwenden konnte.
    Das mit der Wanderung haette ich sehen wollen… im Sommer kannst du mir das am Vierwaldstaettersee dann beweisen! 😉
  • @ Wolfi: Sie konnte sich tatsaechlich kaum in den Flipflops halten und sprudelte fast wie ein (lieber) Vulkan vor Entzueckung.
  • @ Adi: Wuschel? Du hast mich noch nie beim Aufstehen gesehen… ;-). Wie steht´s eigentlich bei dir momentan so um deine wechselhafte Haarlaenge?
    Und: Leider hat der CyW eine zu grosse Karte um sich durchzuessen, selbst in 5 Tagen Bogotá reicht´s nicht!
  • @ all: Um allfaelligen Missverstaendnissen vorzubeugen: Ich habe im dritten Abschnitt unter „Und sonst so“ geschrieben, dass mich das Goldmuseum nicht so in den Bann ziehe wie Kathi. Richtig hiesse es, dass mir das Goldmuseum nicht ganz so gefiel wie es Kathi gefallen hatte.

Gesunden

Wie beim letzten Mal erwaehnt war ich zum Zeitpunkt des Niederschreibens der vergangenen Tage schon fast wieder auf den Beinen. Ich erlitt auch keinen fiebrigen Rueckfall mehr und konnte so die darauffolgenden Tage auch noch den Husten und den Schnoederi ausklingen lassen.

Salzkathedrale

Am Donnerstag, dem dritten Tag in Bogotá, statteten wir der Salzkathedrale einen Besuch ab. Um dahin zu gelangen, mussten wir zunaechst mal rund dreiviertel Stunden mit dem Transmilenio (*) und dann weitere eineinhalb Stunden mit einem Kleinbus nach Zipaquíra fahren. Und da ist – fuer die angebliche kolumbianische Touristenattraktion Nr. 1 – die Beschilderung schlicht nicht vorhanden oder wir hatten mal wieder Pflotsch auf den Augen, wie Papi so schoen zu sagen pflegt. Dank Indie-Spuersinn und Hinweisen irgendwelcher dubioser Kolumbianer haben wir den Eingang zur Salzkathedrale gefunden.

Die Kathedrale ist nicht etwa ein oberirdischer Prunkbau, sondern eigentlich eine gigantische Salzmine die seit Jahrhunderten ausgebeutet wird. In einem klitzekleinen Teil wurdendie riesigen Hohlraeume (16m Hoehe, 200m Laenge, 20m Breite) fuer Besucher zugaenglich gemacht und in zwei der Raeume eben eine Kathedrale eingerichtet. Der Zugang dazu ist als Kreuzweg ausgestaltet. Und so sind wir andaechtig ins Innere vorgestossen und haben uns die Ausbeutung des Bergs und das Leben unter Tage erklaeren lassen. Etwas spaeter haben wir auf der Mineurentour auch gleich noch selbst ein wenig Salz aus dem Berg gehauen und liessen uns durch eine Sprengung ab Tonband gehoerig erschrecken.

Dank Feierabendverkehr hockten wir bedeutend laenger im Bus als uns lieb war. Zum guten Glueck haben wir schon in Zipaquíra gegessen, sonst waere die Fahrt ungemuetlich geworden… ;-).

Ungemuetlich war dann auch die Filzete durch die Polizei abends um 8 Uhr im Park knapp ueber unserem Hostal. Wir waren auf einem kurzen abendlichen Stadtrundgang in einem als halbwegs sicher geltenden Altstadtquartier und dachten nichts Boeses als wir via Uni zurueck zu unserem Hostal wollten. Ich wollte im Park aufgrund der guten Aussicht noch ein Nachtfoto der Skyline machen, als uns ein Kastenwagen voll Polizisten anhielt und sogleich filzte. Wir haetten ja Koks oder sonstigen bewusstseinserweiternden Stoff dabeihaben koennen. Hatten wir nicht, aber empfehlenswert waere der Pass gewesen, denn meine nicht mehr ganz taufrische Kopie liess mehr Fragen zurueck als sie beantwortete. Naja, ging alles nochmals gut, die jungen Polizisten hatten den Plausch an meiner Kamera und mit den besten Empfehlungen, nachts doch lieber Zuhause zu bleiben, schickten sie uns davon.

(*) Transmilenio

Der TransMilenio ist ein seit dem Jahre 2000 laufendes Bussystem auf eigenem Trassee, das eine Transportkapazitaet und Reisegeschwindigkeit aehnlich einer U-Bahn hat, aber oberirdisch laeuft und wesentlich kostenguenstiger gebaut und betrieben werden kann. Im Wesentlichen bestehen pro Richtung zwei Spuren, auf denen Gelenkbusse im 2-3 Minutentakt (pro Linie!) auf Expresslinien verkehren, die sich so gegenseitig ueberholen koennen. Das System ist hoechst effizient und man kommt rasch vorwaerts, sofern Eigenbehinderungen aufgrund der unzaehligen Busse und Kreuzungen à Niveau ausbleiben.

Cerro de Montserrate

Am Freitagmorgen wollten wir zum Cerro de Montserrate, dem Hausberg Bogotás. Auf dem Weg zur Bahn ueberholte uns der besagte Kastenwagen der Polizei und sie erkannten uns sofort. Mit Fotogesten und den Woertern „Camera, Camera!“ veraeppelten sie uns wegen der vorabendlichen Aktion. War ja irgendwie auch amuesant. 🙂 Und so liessen wir uns per Standseilbahn auf den Montserrate raufziehen. War schon etwas steiler als meine Legostandseilbahn vor vielen Jahren auf Mamis schraeg aufgerichteten Glaettibrett ;-).

Von oben hat man eine fantastische Aussicht ueber die ganze weitlaeufige Stadt! Man koennte wohl tagelang die einzelenen Quartierstrukturen analysieren und mit einem Fernrohr dem Geschehen auf den Strassen folgen. Von da oben hoert man denn auch wunderbar, dass die Stadt pulsiert und insbesondere mit dem Verkehr lebt und atmet. Die Smogglocke ist der visuelle Beleg dafuer.

Schon bald begaben wir uns wieder auf den Rueckweg, dieses mal schwebend mit der Gondel. Der anschliessende Stadtspaziergang quer durchs Zentrum zeigte die verschiedenen Gesichter der Stadt. Von der Prachtsstrasse mit all den Einkaufslaeden (gut, von „Pracht“ im Sinne von Schoenheit ist man noch weit entfernt…) ueber die chaotischen Zwischenstraesschen zum grossen Parque del tercer milenio waren alle Faerbungen und Praegungen enthalten. Im genannten grossen Park wies mich dann ein freundlicher Waechter darauf hin, dass ich staatliche Anlagen (und dazu gehoere der Park) nicht fotografieren duerfe… Dass ich damit nur Werbung fuer Bogotá mache, liess er dann knapp durchgehen, sodass ich immerhin die schon geschossenen Bilder nicht loeschen musste.

Ueberhaupt hat es krass viel Wachpersonal und Polizisten in der Stadt. Man koenne meinen es sei jeder Zweite ein Guerillakaempfer oder mindestens ein Koksdealer, ihren Blicken nach zu schliessen uns selbst eingeschlossen.

Shoppen

Am Samstag wollten wir unsere ausgetragenen Kleider durch neue Stuecke ersetzen, also gingen wir in ein Quartier mit hoher Einkaufszentrumdichte. Doch die Suche nach „Haes“ (so nennt man Kleider auf vorarlbergisch) blieb erfolglos, aus zweierlei Gruenden: Bei Kathi passte nicht viel nur schon beim visuellen Check durch die Regale oder dann spaetestens nach der Anprobe. Und bei mir passte es zumindest nach der Anprobe nicht mehr nach dem Blick aufs Preisschild. Und so goennten wir uns immerhin mal wieder ein Salatbuffet samt Dessert.

Der abendliche Ausgang fuehrte uns in eine kleine Bar in einem uralten Zugwaggon (man sagt, wir seien extra wegen mir dorthin, was natuerlich voelliger Unsinn ist), spaeter zu einem kleinen Pizzaschuppen und endete in einer gemuetlichen Bar, wo die Mojitos und Margarita noch Shots waren und die Anzahl getrunkener Drinks entsprechend hoeher war.

Strube Leute

Im La Candelaria, der eigentlichen Altstadt Bogotás, war unser Hostal „La Fátima“ lokalisiert. In der ganzen Stadt hatte es ziemlich schraege Leute, in der Altstadt noch mehr und im Hostal erst recht. Irgendwie fuehlten wir uns ziemlich fremd und doch als die normalsten Gaeste in der Unterkunft. Das Quartier lebt im Wesentlichen von Studenten, Kuenstlern und Pennern. Woebei letztere beiden Gruppen durchaus identisch sein koennen, werden einem auf der Strasse von Pennern gerne mal papiergefaltete Voegel oder drahtgebogene Krokodile feilgeboten. Und dann gibt´s da eben noch die Vielzahl von Polizisten, welche nicht den geschaeftigsten Eindruck hinterlassen, aber scheinbar noetig sind um die Kriminalitaetsrate auf ansprechendem Niveau zu halten…

Ciclovía

Sonntags ist jeweils Tag des Velos. Von einem Flyer am Zmorgetisch angesprochen, mieteten wir ein Velo um auf den gesperrten Strassen durch die Stadt zu cruisen. Die beiden Velos sahen wohl cooler aus als dass sie sich fuhren und sich der Arsch nachher anfuehlte… Aber war ein schoenes Erlebnis, auf den breiten Boulevards und inmitten tausender velo-, rollbrett-, inline- und kinderwagenfahrender Leute dem grossen Parque Bolívar entgegen zu gondeln. Das ist einer der groessten Stadtparks Suedamerikas mit See, Sportmoeglichkeiten, Freiluftkirche und allem was man sich so sonntags wuenschen kann. Auf dem Rueckweg liess die Sonne leider den schweren schwarzen Wolken den Vortritt, die sich alsbald entleerten. Und leider waren die Strassen schon wieder fuer die Autos offen, bevor wir „daheim“ waren. Und dann ist es nicht mehr so sexy mit dem Velo durch die Stadt zu fahren, denn man ist dann mit Abstand schwaechster Verkehrsteilnehmer; selbst die Fussgaenger nehmen einem nicht ernst.

Nach drei Runden Dog und dem letzten Salatbuffet fuhren wir mit Sack und Pack zum Terminal, um einen Nachtbus nach San Agustín zu erwischen. Und irgendwie sahen uns die Anwerber der einzelnen Unternehmen sofort an, dass wir dahin wollten, weiss der Gugger wieso!? Was einem als muehsam erscheinen kann (und es oftmals auch ist!), laesst immerhin die Preise rasch vergleichen und das richtige Unternehmen ansteuern.

San Agustín

Und so waren wir denn auch mit dem Service von Coomotor sehr zufrieden, auch wenn die naechtliche Pause auf einer Tieflandtankstelle (angeblich wegen einer Polizeikontrolle, die nie stattgefunden hat) getrost haette ausbleiben koennen und die Laidy Joanna fuer eine Nachtbusassistentin etwas gar aufdringlich froehlich war.

Noch bevor wir den Rucksack hatten, wurden wir schon wieder von aufdringlichen Hostal- und Tourenanbietern um ihre Dienste informiert. Aber hallo, wer ist 30 Sekunden nach dem Aufwachen aufnahmefaehig und gewillt, sich dem anwerbenden Stimmengewirr zu stellen? Ich weniger und das liess ich sie wissen. Nach einem Broetli mit Joghurt war ich bereit um ein Hostal zu suchen. Und weil wir noch nicht so fit waren, verschliefen wir den halben Tag, um danach die Statuen in der Region anzuschauen.

Mehr dazu dann das naechste Mal.

Und ebenfalls die Fotos kommen erst das naechste Mal, da ich jetzt schon bald 3 Stunden hier sitze und sich wegen langsamer Kiste nicht viel tut… 😦


Zeitreise

21. April 2010

Kommentare:

  • @ Doppel-Adi: Stell dir vor, ich habe das zweite „s“ beim Lesen von selbst eingefuegt, da im Kontext passender. Aber auch Gesundheitswuensche nehme ich entgegen! 🙂
    Und Plaetze tauschen waere momentan etwas schwierig – ich bin dann nur schon froh, wenn mir der Vulkan in gut zwei Wochen die Heimreise wie geplant ermoeglicht und ich nicht noch ueber Afrika fliegen und dann mit einem Fluechtlingsboot ueber Lampedusa wieder in die Schweiz einreisen muss.
  • @ Lilo: Danke, wir geniessen es! Und freuen uns auf den Fruehsommer puenktlich auf unsere Rueckkehr! 🙂 Schickst du mir deinen Zeitungsbericht? daniel.heer@gmx.ch
    Und: Pass auf dich und dein Auge auf! Die Fasnacht ist vorbei ;-).

Nevado del Ruiz

In groesster Vorfreuede endlich mal einen hohen Vulkan (5350m) zu erklimmen, fiel das Aufstehen etwas leichter als auch schon. Doch die Enttaeuschung folgte schon bald als der Guide (ein ganz krasser Typ… so scheint er jedenfalls zu meinen…) mitteilte, dass wegen hohem Schnee das Erreichen des Gipfels nicht moeglich sei und wir statt ca. 3 Stunden nur eine knappe halbe Stunde aufwaerts laufen werden.

Und so fuhren wir mit dem Kleinbus auch nur bis zum einen Refugio auf 4100m statt auf 4800m. Die Landschaft war durchaus sehr eindruecklich, passend zum Namen des Gebietes koennte man es sich so auf dem Mond vorstellen. Das Wetter war gar nicht schlecht, sodass der Gipfel sichtbar war. Das tat schon etwas weh, so nah am Ziel und doch ohne Moeglichkeit zum angestrebten Gipfel zu kommen…

Nachdem wir uns sattgesehen haben ging es wieder 20min runter zum Bus und nach gut 45min Fahrt zum Mittagessen. Anschliessend wurden wir zu einer Therme gebracht, wofuer uns im Voraus netterweise niemand informiert hatte. So begutachteten wir die Szenerie halt vom Poolrand.

Und uebrigens: Wer aufgrund der Fotos meint, wir haetten klettern muessen, soll sie sich mal geistig drehen ;-).

Salento

Am folgenden Tag zog es uns im stroemenden Regen nach Salento, vom vortaegigen Frust auf der Suche nach neuen Abenteuern. Salento versprach laut der „Bibel“ eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert und Wandermoeglichkeiten. Das Dorf ist wirklich sehenswert, aber nach einem halben Nachmittag sucht man neue Aktivitaeten. Und so wanderten wir am naechsten Tag im Valle de Cocora, eine Landschaft wie die Napfregion, nur sind die Haciendas nicht ganz im Entlebucher Stil und es hat Palmen. Hohe Palmen! Ob wohl daher der Name Wachspalme kommt? Um 7 Uhr nahm uns der Jeep, ein fahrendes Museumsstueck, mit ins Tal, wo wir bei einer Roesslifarm ausstiegen und etwas weiter hoch wanderten. Nach der Warnung vor wilden Stieren entschlossen wir uns zur Rueckkehr und liefen die ganze Strecke bis Salento, wofuer uns die letzte verbliebene (und in der karibischen Hitze konsistenzgeaenderte Schoggi) staerkte :-). Der Jeep waere wohl fuer ca. 5 Leute zugelassen, tatsaechlich sassen und hingen 8 Leute am Gefaehrt. Und die schnaeuzigen Herren hatten es in einem unverstaendlichen Spanisch ziemlich lustig. 🙂

Die Bevoelkerung Salentos ist insofern spannend, als dass man sich in ihrer Naehe tatsaechlich wie vor 100 Jahren fuehlt, insbesondere auch im Innern von Haeusern. Z.B. in unserem Hostal schmeckte es sehr nach Grosseltern; man fuehlte sich sogleich heimisch.

Am Tag darauf, wir schreiben inzwischen den Samstag, 17. April, waere Roman laut Plan in Bogota angekommen, um die folgenden und letzten beiden Wochen mit uns noch den Sueden Kolumbiens und die Region Otavalo zu entdecken. Doch die Eyjafjallajökulation in Island liess die Ankunft vorerst mal auf Dienstag verschieben. Also nutzten Kathi und ich die Zeit, um nach San Gil zu fahren.

San Gil / Barichara

Und so sind wir nach einer Tages- und Nachtreise und einem kleinen Unfall (Streifkollision in einem Dorf; lange Fahrzeuge scheren in Kurven hinten halt aus…) um 5.15 Uhr in San Gil angekommen und haben gleich den halben Tag nachgeschlafen. Am Nachmittag sind wir nach Barichara gefahren, ein kleines haerziges Staedtli in der kolumbianischen Toscana. Roetliche Erde, weiss gestrichene Fincas und saftiggruene Baeume bilden unter klarblauem Himmel eine wunderbare Szenerie! Und laut dem Lonely Planet soll das Dorf der Traum eines jeden Hollywoodregisseurs sein der einen alten Film drehen will. Unser Stadtrundgang war gepraegt von kurzen Laufphasen und langen Sitzpausen, um entweder die visuellen Sinne mit Rumschauen oder die Geschmackssinne mit einem feinen Dessert zu stimulieren.

Mit grossem Hunger sind wir nach San Gil zurueckgekehrt und weil, wie immer in hungrigen Momenten, kein passendes Restaurant auffindbar war, liessen wir uns mit einer grossen Pizza im Park nieder. Die eine Bettlerin hatte derweil keine Lust auf Pizza, sie beharrte auf einer Geldspende…

Rafting

Am Tag danach, es ist schon Montag, standen wir um 9 Uhr bereit zum Raftingtrip. Weil das Wasser im Rio Suarez noch zu hoch stand, mussten wir bis 10 Uhr warten, bevor es mit dem Kleinbus, drei Guides und uns Sechsen zum Startpunkt ging. Zwischenzeitlich kam die Meldung von Roman, dass es auch mit der Ankunft am Dienstagabend nichts mehr werde und die gemeinsamen Ferien aufgrund der Umstaende gestrichen seien. Absolut verstaendlich, aber trotzdem traurig.

Nun denn, es galt jetzt erst einmal den Rafting Trip zu geniessen. Nach der umfassenden Sicherheits- und Verhaltensinstruktion (frei nach dem Prinzip des sich merken koennens nach tausendfacher Repetition) stachen wir ins Wasser, um den praktischen Teil der Instruktion zu ueben, womit jeder seine Aufgabe kannte und wusste was in welchem Moment zu tun ist.

Und los geht’s! Nach ein paar 100 Meter folgten schon die ersten Wellen der Klasse 3, da kann es einem schon ein wenig mulmig werden… Auf der Fahrt abwaerts waren Wellentaeler und -berge bis zur Klasse 5 zu ueberwinden und einmal sah ich mich schon aus dem Boot fliegen. Doch dank dem ich mit dem linken Fuss eingeschlauft war und das Aussenseil irgendwie zu greifen bekam, konnte ich mich wieder ins Boot zurueckhieven. Ich bin vorne links gesessen und das fuehrte u.a. zu Wasserschlucken, Wasser in der Nase und dass die Linsen nicht mehr am Ort waren wo sie eigentlich haetten sein sollen. Kathi war froh, hinten sitzen zu koennen. 😉

Es war ein ganz lustiger Trip und durchaus wiederholenswert!

Und sonst so

Nach der Rueckkehr vom Raften warteten wir bis zu naechtlicher Stunde auf einen Bus, um nicht vor 5 Uhr in Bogota zu sein. Weil der Chauffeur sich aber als Fernando Alonso fuehlte, war es dann doch schon 4.15 Uhr… So sind wir derzeit in Bogota und schauen uns die Stadt an soweit moeglich.

Denn ich leide unter Fieber. Zuwenig vitaminreiches Essen (die Parkpizza und Desserts lassen gruessen!) gepaart mit zu kaltem Trinkwasser, ueberklimatisierten Nachtbussen und einem Raftingtrip war wohl zuviel. Und so ruhe ich mich momentan etwas aus und nutze die Zeit fuer den laengst ueberfaelligen Blog waehrenddessen Kathi ein Museum anschaut oder sich goldig um mich kuemmert.

A propos Gold: Bevor ich fiebrig wurde, schauten wir uns gestern noch das Goldmuseum an, ein Sammelsurium der Schaetze praehispanischer Kulturen. Hat mich nicht ganz so in den Bann gezogen wie Kathi ;-).

Und: Weil vor wenigen Tagen noch unklar war (gut, ist es eigentlich auch jetzt noch) ob ich am 1. Mai heimfliegen werde koennen, gaerte in mir die Spontanidee einer Transatlantikschifffahrt, sei es auf einem Kreuzer oder auf einem Frachter, z.B. vom 1.5. bis 15.5. von Fort Lauderdale bis Rom. Das waere doch mal etwas anderes! 😉 Nachteil waere dass ich meine zwei Wochen Akklimatisation vergessen koennte und meine Liebsten noch laenger nicht sehe…

Und die Fotos…

Die Fotos werden dann noch richtig beschriftet…



Nicht schoene, aber spannende Staedte. Und eine wunderbare Aussicht!

14. April 2010

Medellin verdient keine Schoenheits-Medaille, ist aber dennoch (oder gerade darum) sehr spannend. Auf dem Zuckerhut konnten wir eine grandiose Sicht geniessen und auch bei Regen macht ein Sprudelbad Spass.

Kommentare:

  • @ Clivia: Ja, ich habe die zwei kleinen Details (*) bewusst beiseite gelassen im Wissen dass du sie mit spitzer Feder erwaehnen wirst ;-).
    (*) Zur Erklaerung, bzw. als Nachtrag fuer alle: Ich fragte den Taxifahrer in Tulcan, ob wir da „con los pies“ (mit den Fuessen) ueber die Bruecke muessen, weil mir im Moment seiner Erklaerung nicht klar war ob er uns auch noch auf die andere Seite chauffieren wuerde. Und beim Stadtlandfluss abends am weissen Strand konnte ich mir beim Buchstaben in der Spalte „Tier“ beim Buchstaben „D“ den Drachen und beim Buchstaben „N“ den Noro-Virus nicht verkneifen. Und dummerweise stiessen in der Spalte „Essen“ beim Buchstaben „H“ der Haerdoepfel und beim Buchstaben „R“ das Rueebli nicht wirklich auf Anklang.

Medellin

Nach der Verabschiedung von Clivia und Tonja (die Armen mussten nochmals gute 30 Stunden zurueckreisen, um gestern Montag in ihren Gemeinden mit dem Unterricht anzufangen) suchten Kathi und ich uns ein Hostal und wurden im Palm Tree fuendig. War nicht schlecht, aber halt typisch fuer den ersten Hostaltipp im Lonely Planet: Besser beschrieben als es ist. So vertrieben wir uns die Zeit untertags in der Stadt oder in der Landschaft draussen. Doch zuerst zur Stadt:

Medellin ist nach Bogota mit 4 Millionen Einwohnern die groesste Stadt Kolumbiens, ergaenzt durch eine umfangreiche Agglomeration, die sich rund um urspruengliche Haciendas entwickelt hat. Man bekommt beim Gang durch die Stadt den Eindruck, dass sie vor allem aus ueberbreiten Strassen besteht (dennoch hat’s einigen Stau!) und Haeuser nur zufaellig dazwischen stehen. Fussgaenger stoeren prinzipiell und so muss man sich seinen (gefaehrlichen) Weg erst mal finden. Nun, als ganz so schlimm empfindet man es beim zweiten Eindruck nicht mehr, insbesondere je naeher man dem eigentlichen Zentrum kommt. Schoen ist auch dieses nicht, aber Bewegung findet nicht nur auf vier Raedern, sondern vornehmlich auf zwei Fuessen statt, es hat viel mehr Leben und die Geschaefte buhlen um Kundschaft. Ein Lichtblick bezueglich Architektur ist auch die Innenstadt nicht, aber allemal spannend in der Kombination von aelter und neuer, interessant in Anordnung und Formen und mit der aufgestaenderten Metro auch mit einem Hauch „Space“ versehen.

Neben dem ueblichen Rumlaufen-und-Anschauen haben wir das Stadtleben auch von anderer Seite kennengelernt. Am Freitagabend ist Kathi mit ihrem Kollegen Lucas in den Ausgang, waehrend ich mein Nachtbus-Schlafmanko wieder aufholen wollte. Am Samstagabend sind wir dann zusammen in die Zona Rosa. Diese Zone ist nicht etwa ein aufgehelltes Rotlichtviertel, sondern die Ausgangsmeile von Medellin. Wir trafen nach dem unglaublich feinen Nachtessen wieder Lucas und seine Leute im Christas, einem Tussi- und Prinzenschuppen. Die Musik war eher westlich, also fuer mich einfacher tanzbar als suedamerikanische Klaenge. Sonntags haben wir (endlich!) unseren Crepe y Waffles gefunden und das unverschaemt gute Salatbuffet gestuermt. Endlich mal wieder franzoesische Salatsauce! 🙂 Das Sightseeing, zum Schluss ergaenzt mit der Metro, fuehrte uns aufgrund nicht besten Wetters raus in die Agglo zu einem weiteren Einkaufszentrum. Weil das Kino ein nicht anmaecheliges Programm hatte und im Rucksack eh kein Platz mehr fuer allfaellige Shoppingerfolge ist, verkoestigten wir uns ein weiteres Mal am Salatbuffet. Man kriegt zwar genug davon fuer den Moment, aber nicht den Ueberdruss fuer ein weiteres Mal!

El Peñol

Am Samstag machten wir einen Ausflug in die Umgebung. Mit dem Schnauzenbus fuhren wir knappe 3 Stunden zum Zuckerhut Mittelkolumbiens, dem El Peñol. Das ist ein 200m hoher Granitblock, der da einsam in einer kuenstlichen Seenlandschaft liegt und von wo man eine fantastische Aussicht geniessen kann! Doch davor muss man noch ca. 650 Treppenstufen ueberwinden.

Zur gleichen Zeit kam eine Studentengruppe oben an. Dem Schweizer- und Hochdeutsch-Spanisch-Englischen Mix und dem Outfit (u.a. ein Pulli der den Schluss zulaesst) zu schliessen waren das HSG-Studenten, gefuehrt von kolumbianischen Freunden. War durchaus amuesant quasi inkognito diesen aufgetaggelten Tussis und den coolen Prinzen zuzuhoeren.

Nachdem wir uns ob der Landschaft satt gesehen haben, nahm uns ein kleiner Jeep mit nach Guatape (auf dem e haette es noch ein Tilde, aber das fehlt auf dieser Tastatur… Und bei Medellin haette es dasselbe auch auf dem i). In diesem Doerfli sind viele Haeuser bunt angemalt; sieht noch haerzig aus. Und weil es da sonst nicht viel zu sehen gab, warteten wir nur noch auf den Bus zurueck nach Medellin. Schon lange nach Einbruch der Dunkelheit waren wir zurueck und kein Laden hatte mehr etwas zu Essen fuer uns, das uns auch gluschtete. So wurden unsere hungrigen Maegen erst um halb 10 kurz vor dem Ausgang ruhig gestellt.

Manizales

Gestern Montag sind wir mit dem Bus rund 5 Stunden von Medellin nach Manizales gefahren. Der Anblick der abwechslungsreichen und schoenen Landschaft liess die Zeit schneller voruebergehen als gedacht. In Manizales begruesst uns nebst heftigem Regen ein Ire, der uns waehrend der geteilten (geteilt bezueglich Preis) Taxifahrt sein Hostal anpries, welches er vor 2 Wochen eroeffnet haette. Nun gut, auf einen Blick kann man ja reinschauen – und wir blieben! Sehr gemuetlich eingerichtet, mit Kueche, Waschmoeglichkeit – und Jacuzzi! 🙂 Und so haben wir dann gleich am Abend bei niederprasselndem Regen das Sprudelding ausprobieren muessen… Kathi hat noch gemeint es sei besser als die Karibik. Foto wird noch folgen, wenn das Wetter es besser mit uns meint. Wir sind uebrigens die offiziellen Gaeste Nr. 1 und 2. Derweil sind noch weitere Leute im Haus, vornehmlich Iren oder andere Englischsprechende. Sie scheinen teilweise noch mit einigen Feinarbeiten beschaeftigt zu sein.

Heute haben wir unsern gestern angefangenen Stadtbummel fortgesetzt und sind vom Monumento de los Colonializadores zurueckgelaufen; runter und rauf wie es sich fuer eine auf Huegeln angelegte Stadt gehoert. Auch Manizales ist keine wirklich schoene Stadt (400’000 Ew), aber aufgrund ihrer Topografie anders spannend. Die Hauptstrasse und damit auch das eigentliche Zentrum folgen dem Hoehenzug und auf beiden Seiten faellt die Besiedlung den Flanken entlang runter und geht auf der andern Seite weiter hoch. Ein alter SimCity-Traum wurde wieder aus tiefen Synapsenregionen hervorgeholt!

Sonst gibt’s leider nicht viel zu berichten. Wenn das Wetter mitmacht wollen wir morgen auf einen 5350 Meter hohen Berg steigen, ansonsten werden wir noch eine Alternative finden muessen… Denn Stoff fuer einen weiteren Bummel bietet die Stadt nicht. Und bei Regenwetter ist auch ein Ausflug in das Kafi-Disneyland nicht das Gelbe vom Ei.

Ach ja, a propos Kafi: Manizales ist das Zentrum der Kaffeeregion, von hier kommt so manche Bohne, die in euren Tassen landen. Also nicht so mein Ding – und auch der Juan Valdez-Kafi heute hat mich nicht zu einem vermehrten Probieren von Kafi veranlasst…

Fotos

Nach negativer Rueckmeldung, u.a. dass Browser abstuerzten, lasse ich die Dia-Show wieder in der Mottenkiste und versuche euch mit den kleinen Bilderlinks zu begluecken.


Karibik!

9. April 2010

Warum ist Sandburgenbauen in der Karibik besser als Ostereiliverstecken? Und warum sind die Costeños solche Schlitzohren? Und hielt Cartagena was es versprach?

Kommentare:

  • @ MaPavoFroe:  Danke! Tatsaechlich haben die Kinder ruedig Freude an den neuen Spielgeraete und scheinen bis zu meinem letzten Besuch auch sorgsam damit umzugehen. Und merci vielmals fuers Kompliment; aber ich glaube nicht dass ich mich irgendwann noch einmal als Primarlehrer verwirklichen werde ;-).
  • @ Glueckschaeferli: Und jetzt haengst du auch an meinem Rucksack auf dass du mir stets Glueck bringen moegst. Seit dem denkwuerdigen und filmreifen Grabenfall hast du mich wunderbar unterstuetzt – vielen Dank dafuer! Im Gegenzug zeige ich dir gerne einen kleinen Teil von Suedamerika und freue mich, dass du mich (ojalá!) bis zu deinem Ursprung begleiten wirst! 🙂

Vom Indio-Bergdorf in die Karibik

Nachdem wir am Freitagnachmittag mit Sack und Pack in Otavalo gestartet waren, erreichten wir am Sonntag gegen Mittag Cartagena. Dazwischen sind wir eigentlich nur sitzend durch Kolumbien geschaukelt. Nicht etwa in einem Boot haben wir das ganze Land durchquert, nein,  die Busse sind hier etwas angenehmer gefedert – und vor allem saumaessig klimatisiert! So konnte ich denn auch meine Erkaeltung erst an der Karibikkueste erst wirklich loswerden. Doch dazu spaeter.

In Túlcan mussten wir zwischen auschecken in Ecuador und einchecken in Kolumbien zu Fuss ueber die Grenze – und das zu dunkler Stund‘ an einem Drogenumschlagplatz. Ab Ipiales erwischten wir einen Nachtbus – aus dem nach gut anderhalb Stunden Fahrt auch gleich ein Rucksack den Fisch gemacht hat: Zuerst hatte es ein Mann ziemlich eilig beim Aussteigen und als es das Opfer bemerkte, mit einem Kollegen hinterherrannte und im Fond Unruhe aufkam, war der Fall auch klar warum. Gut, also hielt ich meinen Rucksack noch enger umklammert und so passierte auch nichts mehr bis Cali. Da stiegen wir gleich auf eine Tagesfahrt nach Medellín um, wo wir den naechsten Nachtbus nach Cartagena erwischten. Waehrendich die Landschaften tagsueber als sehr sehenswert empfand, waren die Filme in den Nachtbussen einfach nur schlecht. Aber ich bin mir von Ecuador und Peru ja nichts anderes gewohnt…

Cartagena

Wenn man mit dem Bus nach Cartagena kommt, fuehlt man sich zunaechst noch im falschen Film.  Noch meilenweit keine Spur von dieser angeblich so romantisch-schoenen Stadt. Doch ist man erst einmal mittendrin, dann erwaermt sich das Herz definitiv fuer diese Stadt an der Karibikkueste: Eine tolle Mischung aus kolonialer Altstadt (fuer einmal aber nicht im sturen rechteckigen Raster, sondern verwinkelter), Hochhaus-Skyline und Hafenareal (groesster Frachthafen Kolumbiens) rund um ein paar Buchten bzw. Lagunen.

Die Stadtstraende foerdern nicht gerade karibisches Feeling zutage, sodass wir nach einem ersten Versuch das naechste Mal in ein „Fischerdoerfchen“ namens Boquilla ein paar Kilometer noerdlicher fuhren. Na gut, mittlerweile praegt auch da eine Hotelkomplexfront die Kueste und die Leute sind Schlitzohren: Schon im Colectivo (Kleinbus, das uebliche oeffentliche Verkehrsmittel in kolumbianischen Staedten, wie in Peru auch) sprachen zwei Kolumbianegros uns – also eigentlich nur die Maedels – an und warben fuer ihren Strandunterstand. Prompt gingen wir dahin, noch mit der Frage was es koste. „Nichts“ war die Antwort. Weil wir selber Essen mit hatten schlugen wir auch das Almuerzoangebot fuer 20’000 Pesos (ca. 10 Dollar und CHF) in den Wind. Als wir aufstanden und gehen wollten kamen die Jungs aus ihren Verstecken und wollten pro Person 5000 Pesos weil wir unter ihrem Unterstand sassen und nichts konsumierten. Als wir uns in Widerstand uebten kamen noch ein paar weitere nicht gerade freundlich dreinschauende Kollegas und umkreisten uns. Irgendwie einigten wir uns dann auf die Haelfte und wir zogen von dannen. Es haette auch duemmer laufen koennen, denn zwei drei von denen hatten ihre Emotionen nicht so unter Kontrolle – und ihr Mundwerk brabbelte nur unverstaendliches Zeug.

Am dritten Tag wollten wir zum vielangepriesenen…

…Playa Blanca, …

…dessen Name Programm sein soll! Weisser Sandstrand, tuerkisblaues Meer, Palmen, Haengematten direkt am Strand, was will man mehr!?

So liessen wir uns spontan von einem selbsternannten Guide zu einem Schnellboot fuehren; das war dann irgendein Fischfrachterli und tatsaechlich schnell! Aber man wurde den Eindruck nicht los, dass dieses Geraet in Europa vielleicht nicht bewilligt werden wuerde und die Jungs die damit „spielten“ schon irgenwas auf dem Kerbh0lz hatten. Gut, das koennten alles Vorurteile sein, jedenfalls sind wir ohne Probleme und einer Nasslandung am weissen Strand angekommen.

Was wir in den 48 Stunden da erlebt haben, kann man zwar in Woerter fassen, aber ihr koennt euch darunter nur die Haelfte vorstellen. Nur soviel: Tatsaechlich weisser Sandstrand ueber eine anstaendige Laenge, tuerkisblaues Meer, leichter Wind, viel Sonne, fast keine Leute, super feines Essen (nicht wahnsinnig abwechslungsreich: ganzer Fisch, Kokosreis, Madura, Tomaten und Zwiebeln), Schlafen fuenfzehn Meter vom den rauschenden Wellen entfernt, lesen, schreiben, chillen, schwimmen, Sandburgen bauen – und viel Schoggi essen! Denn die hatte langsam die Konsistenz zum Davonlaufen in der karibischen schwueligen Hitze! Und so gaben wir den urspruenglichen Plan, im Sand die Schoggieili zu verstecken, bald auf ;-).

Rueckfahrt

Gestern Nachmittag wurden wir unter der Hand von einer Tourigruppe auf den Rueckweg nach Cartagena mitgenommen. War zwar billiger, dafuer aber auch definitiv mehr Abenteuer – nicht nur positiv! Das Schnellboot knallte nach dem Abfliegen auf der einen nur so auf die andere Welle und weil wir zuvorderst sassen, hatte unsere Wirbelsaeule nach Hebelgesetz am meisten darunter zu leiden. Hinten im Boot hatten sie es aber ganz lustig…

In Cartagena liefen wir nochmals durchs Staedtchen, assen etwas, goennten uns nochmals ein Glacé und gingen dann um halb 10 wieder auf den Nachtbus nach Medellín. Da sitzen Kathi und ich jetzt, waehrenddessen Clivia und Tonja weiter nach Otavalo fuhren. Sie haben ja auch noch ein paar Wochen in ihren Gemeinden zu unterrichten. Hey Leute, wir geniessen unsere verbleibenden drei Wochen auch noch fuer euch – und wir sehen uns nochmals!

Fotos

Wenn ich dann Zugang zu den anderen Fotos habe, werde ich die momentane Sammlung ergaenzen. Ach ja; es fehlen noch die Hochzeitsfotos von Pablo und Fausto. Die kommen dann wenn ich wieder Zugang zu diesen habe; sie sind auf einer CD in Otavalo… :-/


Tansania auf zwei Hochzeiten in Quito mit Brennesseln. Oder so.

13. März 2010

Wohin leitet einem die Bibel in der Hauptstadt und waren wir denn ueberhaupt in der Hauptstadt? Man sagt, dass man nicht auf zwei Hochzeiten tanzen soll, was aber schwierig wird wenn die Gastbrueder gleich hintereinander heiraten. Und dann gibt es ecuadorianische Gewohnheiten mit denen ich mich nicht anfreunden kann.

Quitoquitoquitoquitooooo

Am vergangenen Wochenende wollten wir zunaechst nach Mindo in den Nebelwald. Weil fuer dieses Weekend aber ein Ritual in einem anderen Nebelwald angesagt war, beschlossen wir kurzerhand eine Programmaenderung und fuhren fuer gemuetliche eineinhalb Tage nach Quito, der Hauptstadt Ecuadors. A propos Hauptstadt: Wir hatten kuerzlich die Diskussion, was die Hauptstadt eigentlich sei: „Nur“ die groesste Stadt eines Landes oder der Regierungssitz? Bei ersterem waere auf die Schweiz bezogen somit Zuerich die Hauptstadt und Bern schlichter Regierungssitz, in Ecuador waere Guayaquil die Hauptstadt und Quito der Regierungssitz und in Bolivien waere La Paz beides. Nun ist es aber landlaeufig zumindest so, dass Bern und Quito als Hauptstaedte bezeichnet werden, weil sie eben den Regierungssitz beherbergen. In Bolivien ist es aber sicher so, dass Sucre die Hauptstadt ist und La Paz „nur“ als Regierungssitz figuriert, obwohl mit Abstand groesste Stadt des Landes. Soll durchblicken wer will… ich waere jedenfalls froh um aufschlussreiche Antworten auf die Frage.

Weiter im Text: Nachdem uns Clivia aka Achmed wegen Schlaflosigkeit ein Traumzmorge servierte (sie koennte also oefters „sleepless in Otavalo“ sein) und wir (Clivia, Rebekka, Kathi, Regula (eine neue Volontaerin) und ich) die Siebensachen gepackt hatten, fuhren wir mit dem Bus nach Quito. Quito ist uebrigens der wohl meistgebrauchte Ausdruck in Ecuador, denn alles im Land hat Bezug zu Quito, unter anderem die meisten Busstrecken. Und weil man einmal „Quito“ ja nicht versteht, wird in jeweils lauter Stimme von jedem Bus mit ebendiesem Ziel „Quitoquitoquitoquitoquitoquitooooooooo“ gerufen! Etwa so wie die Glace-Verkaeufer immer „Heladoheladoheladoheladitoooooo“ rufen, um ihre Ware an die Frau und den Mann zu bringen.

Ich weiche immer ab… Jedenfalls liessen wir uns mal wieder von der guten alten Reisebibel (Lonely Planet) leiten und landeten im Casa Bambú zwischen Altstadt und dem beruechtigten Mariscalquartier. Volltreffer! Das gemuetliche 5er-Zimmer war gross und mit den wohl bequemsten je in Ecuador gefuehlten Betten ausgestattet! Das Hostal ist sehr ansprechend eingerichtet, ein wenig verwinkelt und insbesondere mit einer grosszuegigen Terrasse ausgestattet.

Doch es galt nicht nur die Better ausgiebig zu beschlafen, sondern auch das kulinarische und aussichtsreiche Quito zu bestaunen. Weiter der Bibel folgend erreichten wir das Café Mosaico, von einem Griechen gefuehrt, der uns wahre Koestlichkeiten auftischte. Verbunden mit der goldigen Aussicht auf das staedtische Mosaik kann man die Preise auch als angemessen bezeichnen. Auf dem Weg zur Kathedrale kauften wir fuer das bevorstehende Cielo-Azul-Fussballturnier 60 Medaillen. Zum Glueck mussten die erst noch produziert werden, denn ich haette den Plunder nicht auf die Kathedralentuerme schleppen wollen. Denn schon so war die Aussicht mehr als verdient; ca. 60 Meter auf Treppen, Leitern und Geruesten schraubten wir uns in die Hoehe, liefen auf einem Bretterverschlag ueber dem Kirchenschiff und haetten uns die Glocken um die Ohren schwingen lassen, waeren wir gleich zur vollen Stunde oben gewesen. Und weil der Ausblick so schoen war, spielte ich auf der Orgel zum Marsch, um das Gesehene auch noch zu Fuss erkunden. Die Altstadt wimmelte nur so von Leuten und auf dem Hauptplatz (aehm, ist es jetzt der groesste Platz oder da wo die Regierung in der Nachbarschaft liegt? – in Quito ist die Plaza Grande, da wo die Regierung hockt, nicht mal die groesste Plaza!) froenten wir uns dem Menschenbeobachten.

Mit schon vielen Kilometern in den Beinen zog es uns langsam zurueck zum Hostal, bevor wir dann fuer einmal die Bibel beiseite legten und einen Tipp von mir befolgten. Leider konnte ich dem Taxifahrer (fuer alle die Clivias Blog schon gelesen haben: Hier folgt die korrektere Fassung) nicht mehr sagen an welcher Strasse genau das Crepes&Waffles (oder hiess es Waffles&Crepes?) lag. Ich wusste noch wo (+/- zwei Haeuserblocks), aber eben keinen Strassennamen. Und so jagte ich ihn und die vier Frauen auf dem Ruecksitz nicht etwa durch die ganze Stadt wie Achmed einem das weismachen wollte, sondern nur zwei Strassen zu weit durch das Mariscalquartier. Gut, fuer die meisten Touristen (und auch Clivia) ist das neben der Altstadt das Einzige was sie von Quito sehen, insofern kann man schon fast von der ganzen Stadt sprechen… 😉 Die grosse Karte sorgte jedenfalls nicht fuer eine erleichterte Auswahl und nachdem sensationellen Essen und einem mir von Kathi aufgeschwatzten Dessert (waehrend sie knallhart in der Fastenzeit steckt), war nicht nur ich bettreif. Der Ausgang im Halligalliviertel war somit spontan gestrichen, stattdessen schwatzten wir noch gemuetlich in unserer fast schon turnhallengrossen Bleibe.

Nach einer wohltuenden Nacht und im Wissen dass uns in der Volontaerswohnung und auch bei der Gastfamilie wieder andere Zustaende erwarten, war nur das bevorstehende CoffeeTree-Zmorge Motivation genug um ueberhaupt aufzustehen. Anschliessend fuhren wir langsam wieder zurueck nach Otavalo um noch einige Pendenzen zu erledigen und das Wochenende ungestresst mit einer feinen original Basler Mehlsuppe (und reichlich Kaese!) ausklingen zu lassen.

Tanze nie auf zwei Hochzeiten!

Am Montag, nach fuenf Lektionen Sport und Englisch schon wieder voll im Alltag angekommen, folgte dann der ultimative Trommelwirbel… im Hause Caiza wird gleich zweimal geheiratet! Pablo, 22, heiratet seine Rosa, 20. Und Fausto, 18, heiratet seine Ines, 16.

Man soll nie auf zwei Hochzeiten tanzen (oder um es in divertimentoisch auszudruecken: tansania auf zwei Hochzeiten! (©Kathi)) sagt man. Doch was bleibt einem uebrig wenn die beiden noch unverheirateten Gastbrueder ploetzlich an zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen ihre „Mujeres“ heiraten!? Gut, ich komme, dem Sprichwort folgend, noch gut davon, denn meine Gastfamilie ist evangelischen Glaubens und da wird weder Alkohol getrunken noch getanzt.

Die Gasteltern Sebastian und Dolores haben ein wenig dolores (Schmerzen), weil sie dem hiesigen Gebrauch offenbar ueblich als Eltern des Braeutigams alles Essen und Trinken bezahlen muessen. Und das gleich zweimal, obwohl im Budget eigentlich mit mal einer Hochzeit in drei Monaten gerechnet wurde. Ich glaube, dass gleich beide Braeute in spe Nachwuchs erwarten und so also noch schnell geheiratet werden muss, damit das Bild gewahrt bleibt. Also das was bei uns in der Schweiz vor ein bis zwei Generationen auch noch gang und gaeb war.

Ich freue mich auf die beiden Einladungen, doch eine Hochzeit haette irgendwie auch gereicht. Denn jetzt ist fuer mich das geplante Abschiedsweekend unter den Volontaeren in Baños quasi gestrichen, es sei denn ich nehme dort morgens um 4 Uhr den Bus… Und den Cotopaxi kann ich auch ziemlich vergessen, denn die Wahrscheinlichkeit im Lotto den Rekordjackpot zu knacken ist hoeher als dass es der noch verbleibenden Aspirantin Jette und mir am gleichen Tag geht, wo so ganz zufaellig auch noch wolkenloses Wetter sein wird… Nur will ich keinen der beiden Gastbrueder bevorzugen bzw. irgendwie kraenken mit nur einmaligem Erscheinen.

Ob ich es auch mal mit Brennesseln versuchen sollte?

Die Schulwoche war nicht schampar spektakulaer. Ich musste oefters als auch schon mein Stimmorgan auf kraeftige Schwingungen testen, damit die Kinder ihre Flausen mindestens fuer einen Moment vergassen. Am Montag musste ich bei den Drittklaesslern leider die Turnstunde abbrechen, nachdem sie im Mattenrennen, wie auch schon beim Aufwaermen, nur Seich machten. Beim Mattenverraeumen begriffen sie den „Ernst“ der Lage noch immer nicht und so erschraken wohl nicht nur die Niños dass ich auch mal so richtig laut werden kann. Am Mittwoch waren es die Fuenftklaessler die meine Geduld strapazierten. Als einer nach der ersten Ermahnung immer noch in dieser sau-ekligen Frequenz weiter pfiff, stellte ich ihn trotz seiner Widerwehr eigenhaendig aus dem Zimmer und liess ihn lautstark wissen dass ich das nicht dulde. Das schien gewirkt zu haben, anschliessend war fast so ruhig wie beim Schulbesuch von Monika. Wird Zeit, dass sie sich auf einem neuen Spielplatz austoben koennen und es nicht mehr derart heftig im Klassenzimmer tun muessen.

Derweil haben am Mittwoch in der Pause vier Meitli in der Nachbarschaft Baumtomaten geklaut. Nachdem sie dies offenbar auf der Flucht mit Schuerfwunden buessen mussten, waren sie heute noch zur oeffentlichen Demuetigung bestellt. Die geschaedigte aeltere Frau schlug die Kinder unter guetiger Mithilfe einzelner Lehrerinnen mit einer Brennesselstaude. Ich konnte meine Viertklaessler in der Turnstunde nur sehr schwer daran hindern, bei diesem Schauspiel zuzusehen. So bestraft man also hier Strolchtaten. Hat etwas wie Steinigen oder organisiertes Ohrfeigen; gefaellt mir gar nicht! Und trotzdem verfehlt nur schon die Drohung mit Brennesseln ihre Wirkung nie, wenn es darum geht Kinder in Schach zu halten. Insofern kann ich die im Undertitel gestellte Frage nur mit einem „Ja, aber…“ beantworten, naemlich dass ich es als Drohung nuetzlich finde, die eigentliche Bestrafung damit dann aber verurteile.

Und sonst

Am letzten Freitagmorgen gab mir die Schuldirektorin in Form einer Frage quasi den Auftrag, ich moege der Schule Baelle schenken. Das stiess mir in meiner noch fruehmorgendlichen Laune etwas sauer auf, denn ich bin immer noch Volontaer und verdiene hier nichts, waehrend sie alle ein (zugegebenermassen kleines) Verdienst haben. Und man haette die Bitte auch etwas besser formulieren koennen als die Erwartungshaltung durchblicken zu lassen, dass der Volontaer einfach so alles schenken wuerde.

Ich wusste in jenem Moment noch nicht, dass mein Spendenaufruf auf ausgesprochen offene Ohren (bzw. offene Portemonnaies) stiess und nebst dem Spielplatz wohl noch mehr drinliegen wuerde. So sagte ich dann im innerlichen Groll „vamos a ver…“ und fand erst in der Pause die Gelegenheit ihr zu sagen, dass mir diese Art der Bittstellung nicht gefalle und dass ich erst abwarten will wieviel Geld zusammenkomme. Nach dem juengsten Mailcheck bezueglich den Spendenversprechen bleibt definitiv noch etwas uebrig; ich kann mir jedenfalls ueberlegen, was ich mit dem Spendengeld sonst noch anstellen will; seien es eben Baelle oder noch etwas an die Schulmaterialausstattung (Stifte, Hefte…).


Von Peitschenhieben, Fahnenkuessereien und Kraterwanderungen

8. März 2010

Weil es mir letztes Wochenende aufgrund von anderen Prioritaeten (schoenes Wetter muss man nutzen, z.B.!) nicht gereicht hat, kommt nun mal ein Blog ueber zwei Wochen. Viel ist passiert. So habe ich doch noch gemerkt dass Geburtstage anders gefeiert werden, das Nationalstolz schon von klein auf trainiert wird und dass es in naechster Umgebung wunderschoene Orte zum Entdecken gibt.

Geburtstag zum Zweiten

Nachdem ich euch vorletzten Sonntag mit dem Blogeintrag u.a. ueber Cuenca und den Nationalpark Cajas alleine gelassen habe, bekam ich erst noch richtig zu spueren, wie Geburtstag feiern auf ecuadorianisch geht. An das sehr feine Znacht und den zwei exzellenten Kuchen anschliessend folgte der Hoehepunkt fuer die meisten unserer Maedels in der Volontaers-WG: Das Geburtstagspeitschen! Man nehme einen Guertel und lasse den Juhubilar die Anzahl Jahre plus noch einmal fuers Glueck die Hiebe spueren. Gnaedigerweise durfte ich die Hosen bei den Schlaegen aufs Fuedli anbehalten und einige zeigten auch halbwegs Gnade und liessen den Guertel nicht gerade knallen. Andere wiederum zeigten ziemliche Freude, mir ihre Lederfertigkeiten (nein, der Guertel war nicht aus Lack) zu praesentieren.

Am Montag startete ich mit einer Ueberraschung in die neue Woche. In der grossen Pause wurde zu meinen Ehren eine Geburtstagstorte samt Muetze gebracht: „Feliz Cumpleaño Daniel“ und mit einer „27“ verziert, dessen tueckische Kerze ich dann doch dreimal ausblasen musste. Und obligat in Suedamerika, beim Ausblasen wurde mein Kopf zur Belustigung aller Lehrerinnen in die Torte gedrueckt. Zum Tortenschmaus gab es auch noch ein Apfelgelatinen-Ei… speziell, aber durchaus fein.

Juradora de la Bandera

Am 27. Februar jedes Jahres gedenken alle Schulen Ecuadors der Patria und den Vaetern des Landes. Diese Inszenierung wird gleich verbunden mit der Ehrung der Besten der Abschlussklasse, dem Schwoeren auf die Flagge Ecuadors und das Kuessen ebendieser. Die Kinder kommen fein geschmueckt, die Maedchen in Tracht, die Buben mit weissen Hosen, dunkelblauem Pulli und weissen Haendschli. Und die Lehrerinnen in teils fragwuerdigen Kleidern, die man bei uns vielleicht vor 30 Jahren zu einem solchen Anlass getragen haette.

Die ganze Uebung startete mit einem Marsch, angefuehrt von den Primus mit der nationalen (gelb-blau-rot) und provinzialen (blau-gruen-weiss-rot, Provinz Imbabura) Flagge. Zuerst folgte die Abschlussklasse in Formation, danach alle andern der Groesse nach und streng getrennt nach Buben (zuerst) und Maedchen. Nach Ansage der Moderatorin (ich haette ihre Notizen wohl fliessender gelesen, trotz Spanisch) liess man die Nationalhymne spielen, die Direktorin ein paar Worte verlauten und dann eben die Besten des Abschlussjahres kueren. Mit 19.4 Punkten von 20 moeglichen hat der stolze Fahnentraeger eine wahre Meisterleistung hingelegt. Gut nur, dass Englisch nicht dazu zaehlt ;-). Dann schwoerten alle auf die Flagge in einem Wort (nei, do obe fahremer alli Subaru – und damit einen Gruss an alle Marcocello-Fans), wobei der Abschlussklasse noch die Ehre zukam, einzeln vorzutreten, niederzuknien und in Andacht die Flagge zu kuessen. Ich konnte mir dabei ein Schmunzeln nicht verkneifen, kennen wir Schweizer eine solche Form von Patriotismus keineswegs. Das Kuessen unseres Schweizerkreuzes kaeme in vielen Augen uebertriebenem Nationalstolz gleich… Jedenfalls folgte danach noch der Schlussmarsch, das Formationslaufen zurueck auf den Fussballplatz, wo die stolzen Eltern auch noch ein Foto wollten und sich der ganze Trubel langsam wieder aufloeste.

Laguna Cuicocha

Am Sonntagmorgen haette mich die Sonne aus dem Schlaf gekuesst, haetten wir denn in unserem Schlafsaal richtig Fenster (die Oblichter sind nur eine halbpatzige Loesung). Beim anschliessenden Joggen im Stadion blickte ich waehrend des einen Rundenviertels immerzu zum von wolkenlosem Himmel umgebenen Vulkan Cotacachi, der in seiner Flanke die Laguna Cuicocha behuetet. Auch wenn die To-do- (oder Tu-ich-?) Liste schon beachtliche Ausmasse annahm, war mir klar dass dieser Sonntag nur mit einer Umrundung der Lagune enden konnte. Und so suchte ich beim Zmorge noch Gspaendli fuer dieses Vorhaben. Immerhin konnte ich Kathi dafuer begeistern und so zogen wir alsbald los. Das Taxi brachte uns mangels Alternativen obsi und die Fuesse trugen uns, wiederum mangels Alternativen, in ungefaehren fuenf Stunden rund um den See. Neben grandiosen Ausblicken in das Hochtal der Lagune San Pablo (und damit auch Tocagón), von Otavalo und Ibarra, sowie dem majestaetischen Anblick des Taita (auf Kichwa: Vater) Imbabura, blendeten uns die Farben der Quicocha-Lagune derart. Und: Ich habe endlich, nach fuenf Monaten Suedamerika und mehreren verpassten Moeglichkeiten, zwei Condore gesehen! Wie elegant die durch die Luefte schweben! Sieht man sie einmal nicht, dann hoert man sie wenigstens in dem Moment, als man ein Segelflugzeug ueber einem fliegen zu hoeren glaubt.

Zurueckgekehrt sind wir in der untergehenden Sonne auf der Ladeflaeche einer Camioneta. Alles andere waere stillos und dem grandiosen Tag nicht wuerdig gewesen. Gut, ab dem naechsten Dorf mussten wir dann doch noch den Bus nehmen, weil halt nicht alle Camionetas ab der Laguna ausgerechnet nach Otavalo fahren.

Schulbesuch

Am Mittwoch dieser Woche kam mich Monika, unsere Praesidentin in der Schule besuchen. Sie beobachtete aus dem Hintergrund wie ich arbeite, wo ich meine Staerken und Schwaechen habe und ob meine eigenen, vorgaengig formulierten Einschaetzungen in etwa zutreffen. Die ganze Sache fing schon mal insofern toll an, als dass alles was ich vorbereitet hatte, schon am Montag von der nach laengerer Abwesenheit erscheinenden anderen Englischlehrerin behandelt wurde. Gut, mache ich die ganze Sache halt ein wenig sponti-pronti. Ich hab‘ dann noch gemerkt, dass das Gemachte nicht nur korrekt erledigt wurde und so durfte ich alles nochmals korrigieren. Die Kinder hat’s ja wenig angeschissen, alles auszuguemmeln und nochmals korrekt hinzuschreiben.

Und die Ueberraschung des Morgens: Die sonst so wilden Fuenftklaessler waren brav wie Laemmchen und die neue Sitzordnung (ein U, wurde an jenem Morgen erst so umgestellt) trug das Ihre dazu bei. Und dazu vermutlich noch ein scharfer Apell seitens der Klassenlehrerin vor unserem Auftauchen. Ich kam mir fast wie im falschen Film vor, das war wie ein umgekehrter Haendsche und Monika wollte mir fast nicht glauben dass das die genannten Wilden seien.

Fazit des Morgens: Ich darf bleiben und mache meine Arbeit offenbar nicht so schlecht. Klar, ich bin kein gelernter Paedagoge, aber trotzdem mache ich gewisse Dinge besser als die hiesigen Lehrerinnen, zumindest nach dem mitteleuropaeischen Lehrverstaendnis. So breche ich immer mal wieder den Frontalunterricht auf, uebe den spielerischen Umgang mit der Sprache, lasse im Sportunterricht nicht nur Bockspringen und Heubuerzel trainieren, sondern mache jedem Teambildungsseminar Konkurrenz mit Spielen wie z.B. dem Mattengruppenrennen.

Und sonst so

Am Donnerstag habe ich mein Taetigkeitsfeld weiter diversifiziert: Nach Dachdecker, Schulsekretaer, Haus- und Hoffotograf, Audiotechniker bin ich nun auch noch temporaerer Schulgaertner geworden. Nun gut, ist vielleicht etwas uebertrieben, vom Feld umhacken alleine wird man nicht gleich zum Gaertner. Jedenfalls war die Brandblase wieder einmal ein Beweis mehr dass ich mir halt schon eher zum Bleistiftstemmen denn handwerkliche Arbeit gewohnt bin.

In der Volontaerswohnung ist uebrigens das Ligrettofieber ausgebrochen. Huere nervoesi Sach das! Ist verdammt geeignet um am Sonntagabend nicht gleich einschlafen zu koennen… Umgekehrt ist mein selbst gebasteltes Dog noch nicht so auf Anklang gestossen. Muss wohl noch ein wenig PR machen.

In der vorderen Woche fand noch eine Elternreunion statt. Sie wurden ueber den Stand in der Stromgeschichte informiert, bzw. einfach darueber, dass jede Familie von schulpflichtigen Kindern USD 4.50 zu zahlen haetten. Die Eltern wussten in dem Moment natuerlich nicht woher das Geld nehmen, doch wenn man sieht, dass jeder Goof taeglich 15-30 Cent fuer Schleckstengel und sonstiges zahnschaedigendes Zeug ausgeben kann, dann sind 4.50 in einem Monat laengst beieinander. Aber denken sie nicht. Und ich wurde den Eltern nochmals live vorgestellt und ich habe erwaehnt dass ich jeweils dienstags Nachhilfe anbiete. Dies sorgte fuer grosses Interesse und es wurde mehrmals nachgefragt, „ja wann denn genau?“. Die Ironie der Geschichte: Letzten Dienstag kam mal wieder kein Kind. Gut, aus Angst, gleich hundert Hilfesuchende zu haben, habe ich es am gleichen Tag in den Klassen auch nicht mehr extra erwaehnt wie sonst ueblich. Aber ich meinte, die dienstaegliche Nachhilfe sei inzwischen genuegend angekuendigt worden, um schon fast als Inventar zu gelten. Einmal mehr habe ich mich getaeuscht.

Die letzten eineinhalb Tage verbrachte die Schweizer Gruppe mit der Exklave Feldkirch in Quito. Wir haben insofern viel von der Stadt gesehen, als dass wir vom einen Restaurant und von der Kathedrale oben einen fantastischen Blick hatten. Sonst goennten wir uns vorwiegend kulinarisches Sighteating. Mehr dann dazu das naechste Mal.




Parque Nacional de Cajas

21. Februar 2010

In Cuenca herrschte Ferienfeeling, in Cajas peitschte der Wind um die Ohren, die Schulausfallsquote erreichte sagenhafte 1/3 und die Imbaburabesteigungs-Ausfallquote war bei 100% aufgrund miesen Wetters.

Zu den Kommentaren:

  • @ Saemi: wo Gruesel, mann! Ond: keine Ahnung, werde aber DVDs brennen und heimnehmen.
  • @ Toby: Hesch ofem Mount Fitz Roy au jede Tag choenne dusche? 😉
  • @ Lilo: Velle Dank foer dini Gloeckwoensch! 🙂

Cuenca y Parque Nacional de Cajas

Eigentlich wollten wir am Freitagabend schon mit dem Nachtbus nach Cuenca fahren, doch wegen dem Carnevalswochenende war kein Platz mehr verfuegbar. So stiegen wir am Samstagabend in den Bus, nachdem wir alles gewaschen, gepackt und die kommende (kurze) Schulwoche vorbereitet hatten. Zwei unserer vier reservierten Plaetze waren jedoch von so einem Halbschueh schon besetzt, der partout nicht weichen wollte. Rebekka und Kathi konnten ihre freien Plaetze ergattern, derweil Clivia (aka Achmed) und ich uns, mit Hilfe des Busassistenten, der Diskussion stellten und auf eine sture Arschgeige trafen. Frei nach dem Motto „de Gschider ged noh, de Esel blibt stoh“ (oder eben bleibt sitzen) setzten wir uns bis Quito nach hinten.
In Cuenca angekommen, sicherten wir uns ein Hostal, goennten uns ein feines Zmorge und liessen uns von der Touristeninformation ueberzeugen, dass wir an jenem Sonntag vielleicht besser in Cuenca aufgehoben sein wuerden und dann Montag und Dienstag im Nationalpark die Fuesse marschieren lassen sollen. So genossen wir einen wunderpraechtigen Sonnentag, sei es mit einem feinen Glacé zu kubanischer Musik, sei es beim Chillen und sei es im Kino (Valentinstag – wie kitschig!). Oder aber beim staendigen Spiessrutenlauf um potentielle Gefahrenbalkone, wo Wasserkuebel und –ballone drohten. Und jedes vorbeifahrende Auto musste auch erst mal auf offene Fenster oder eine mit nassen Kindern gefuellten Pick-up-Plattform beaeugt werden, bevor allenfalls die naechste Arkade Schutz bieten konnte oder die Trockenheit von der Treffsicherheit der Spritzer abhing. Mittlerweile war es jedoch nicht mehr nur Wasser, sondern auch so ein stinkender, klebriger Schaum, der grosszuegig verspritzt wurde.

Am anderen Morgen frueh sind Kathi und ich mit Taxi und Bus zum Nationalpark gefahren, haben dank der Volontaerskarte nur 1.50 (statt 10) fuer den Parkeintritt und 2 (statt 4) fuer die Uebernachtung im Refugio bezahlt. Kein schlechter Deal! Bald haben wir uns mit Sack und Pack auf die siebenstuendige Wanderung aufgemacht. Dank genauester Karten und Wegbeschilderung haben wir uns auch noch auf einen Berg verlaufen (ein jeden Traumes: unnoetige Hoehenmeter!). Aus der gewonnen Vogelperspektive war dann der Weg auch wieder sicht- und erreichbar. Entlang vieler Lagunen, durch Páramo-Gras, ueber Stock und Stein und verpflegt mit Brot, Kaese, Schoggi und Guetzli erreichten wir dann Mitte Nachmittag wieder das Refugio, wo wir es uns gemuetlich machten und es zu einem kleinen Snack dunkel werden liessen.
Unterdessen sind Clivia und Rebekka die Ruine Ingapirca anschauen gegangen, worauf sie am anderen Morgen zu einer weiteren, diesmal kuerzeren Wanderung dazustossen sollten. Da sie aber morgens frueh wegen fehlendem Portier nicht aus dem Hostal gekommen sind und wir in Cajas keinen Natelempfang (oh sorry, geschuetzte Marke… aber ihr wisst was ich meine) hatten, warteten wir zunaechst vergebens. Nach dem Auffinden eines Festnetztelefons war der Sachverhalt klar und wir machten die Runde alleine und kehrten dann nach drei vorbeifahrenden Bussen und einer Stunde auf den Naechsten Warten gegen Mitte Nachmittag nach Cuenca zurueck.
Im Café Austria staerkten wir uns fuer die bevorstehende Nachtbusreise und wurden selbst noch auf dem Weg zum Nachtbus mit Wasser beschossen… Danke, liebe, feige auf hohen Balkonen stehende oder hinter Autotueren sitzenden Cuencaner! Es gibt nichts Angenehmeres als nass in einen Bus zu sitzen!

Schule – oder auch nicht

Am Mittwochmorgen sind wir ja aus Cuenca zurueckgekehrt. Nach kurzem Duschen und Packen bin ich dann auch schon eineinhalb Stunden spaeter in der Schule gestanden. Muede zwar, aber trotzdem geistig bereit; wenn auch nicht schampar motiviert. Gluecklicherweise hatten sich die Kinder, auch die Fuenften (eineinhalb Wochen nach ihrer Entschuldigung) noch immer nicht schlecht im Griff. Und ich bediente mich des Tricks 57, wonach Einzelarbeit mit Einzelbetreuung weniger Laerm produziert als Frontalunterricht. Also alles palletti.
Am Donnerstag bin ich in Turnklamotten auf die zweite Stunde erschienen, wo mir dann zwei der Lehrerinnen eroeffneten, dass der 99-jaehrige Onkel des Mannes meiner Mentorin verstorben sei und wir Blumen zur Totenwache braechten und um 15 Uhr am Gottesdienst teilnaehmen. Und ob ich auch 2 Dollar an die Blumen $penden werde; sie haetten deswegen seit 8 Uhr auf mich gewartet. Ja toll, frau kann es auch kompliziert machen und damit einen Grund mehr haben, nicht zu unterrichten. Da ich in Tocagón keine passenden Kleider hatte, musste ich mich nach Otavalo umziehen gehen und wir trafen uns dann spaeter wieder in San Pablo fuer die ganzen Zeremonien. So hatte ich keine einzige Stunde am besagten Donnerstag, sondern war die Haelfte Zeit im Bus oder eben im Saal bzw. der Kirche. Irgendwie schien mir, dass der Gaswagen in San Pablo passend zum Trauertag die Gasmelodie langsamer und in moll spielte…
Ich glaube dass ich ab sofort auch einen Satz schoene Kleider in der Gemeinde bereit habe, denn es sterben mir etwas viele Leute weg, wo die LehrerInnen aus Tradition ebenfalls zum Trauerzug gehoeren, auch wenn die Relation zum Verstorbenen nach schweizerischen Verhaeltnissen etwas weit geholt erscheinen mag.
In Ecuador werden die Verstorbenen ueblicherweise nicht verbrannt, sondern die ganzen Saerge in eine freie Nische im Familiengrabhaus geschoben und mit einer mit eingravierten Namen und Daten Steinplatte vermauert. Der Friedhof ist somit eine kleine Stadt innerhalb der Stadt, wo die Grabhaeuser durchaus Ausmasse von ca. (BxHxT) 6x3x3 Meter erreichen und bis zu 12 Saerge darin Platz haben koennen.

Vorgestern Freitag hatte ich zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder mal alle 5 Turnstunden wie geplant durchziehen koennen; zumindest fast. Ich musste noch die beiden Goals ganz abbrechen, nachdem sie (vermutlich durch Gewalteinwirkung, zusaetzlich zur Witterung) zum Sicherheitsrisiko geworden sind.
Neuestes Spiel der siebten Klasse ist uebrigens das gegenseitige Hosenrunterziehen. Die Hormone beginnen also langsam zu arbeiten… Auch Zeichen davon ist die ploetzlich befallende Unlust der Maedchen fuer Fussball; bis man ihnen sagt, dass in ca. 4 Wochen ein Turnier stattfaende, wo auch die besten Maedchen der Schule eine Frauschaft stellen werden, dann sind sie ploetzlich Feuer und Flamme. Weiss der Gugger wieso.

Volcano Imbabura

Gestern Samstag rief uns der Wecker um 3.20 Uhr in Erinnerung, dass wir am Vorabend noch motiviert waren, den Imbabura zu besteigen. Die Motivation war bei einigen einerseits verflogen, andererseits durch Unwohlsein getruebt. Ich war glaubs Einer von ganz Wenigen, die auch um diese Uhrzeit noch Freude verspuerten.
Gut, wir fuhren zu Acht plus drei Guides im Jeep (schampar bequem…) ueber Ibarra und La Esperanza (dt. „die Hoffnung“, das war auch spaeter das Motto) zum Startpunkt des Weges auf gut 3400 m.ue.M. Das Ziel war ca. 1200m hoeher und dazwischen lagen ein paar happige Passagen und viele Wolken. Damit war auch die Liedpassage „Im Fruehtau zu Berge“ wieder angebracht, denn die vielen Páramo-Graeser trugen Tropfen zuhauf und liessen die Hosen und Schuhe durchnaessen. Zusammen mit dem peitschenden Wind und dem dann und wann einsetzenden Regen (oder war es sogar schon fast Schnee?) war das Wandervergnuegen doch ein wenig getruebt. Das feine frische Sandwich gefror fast so schnell wie die es umklammernden Finger und einige Lippen faerbten sich schon in Richtung kuehlere Farbtoene. Und a propos Hoffnung: Diese zerschlug sich bald einmal, denn wir wuerden nichts mehr von der Landschaft rundherum zu sehen bekommen haben, inmitten des imbaburaschen Wolkenkranzes. Zudem hatten ein paar entgegenkommende Maenner des roten Kreuzes vor den glitschigen Felspassagen gewarnt. Kurz gesagt: Wir mussten auf ca. 4200 m.ue.M. gesenkten Hauptes den Rueckweg antreten. Das Schoene dabei war die ansteigende Waerme mit jedem Hoehenmeter weniger. Und so war dann vom urpruenglich verplanten Samstag doch noch etwas mehr vorhanden fuer andere Dinge, z.B. Waschen (juhui!).

Geburtstag

Vielen Dank fuer die Geburiglueckwuensche (auf Facebook, per Kommentar oder vielleicht auch auf dem Natel, das in meiner Abwesenheit nicht empfaengisbereit ist).
Ich wurde heute mit einem feinen Zmorge (Ruehrei, Rohschinken, Brot und Kaese mit Mango-Milkshake) ueberrascht, dann spielten wir eine Runde Ligretto, ich schrieb meinen Blog vor und dann backte Kathi fuer mich einen sehr empfehlenswerten Apfelzimtkuchen. Schade ist sie derzeit am fasten (was bei mir fast ein wenig ein schlechtes Gewissen ausloest), aber so durfte ich ein Stueck mehr essen ;-).
Vorhin wollte ich noch skypen, doch heute sind die Leitungen scheisse. Und nun mal sehen was mich heute noch so erwartet; jedenfalls sollte ich noch ein wenig fuer die Schule vorbereiten…


Dschungelabenteuer – und der Haken an der Sache

6. Februar 2010

Die vier Tage im feuchtheissen Dickicht waren ein Exempel fuer das Funktioneren der Nahrungskette: Wir jagen unser Essen, was wiederum die Mueggli freute, die ihrerseits wiederum weiteren Tieren als Nahrungsgrundlage dienten, womit ueber sieben Ecken die Piranhas, unser Hauptnahrungsmittel, zu ihrem Wachstum kamen.
Doch alles schoen der Reihe nach. Zuerst, wie immer, zu den Kommentaren:

  • @ Romy: Danke; das Aesse esch gar ned sooo schlaecht wie’s usgsehd. Chli Salz ond d’Waelt gsehd besser us ;-). Ond wie’s em Dschongel gsi esch, stohd grad do onde dra… Vell Spass bem Laese! 🙂

Messerscharfer Start
Das Dschungelabenteuer startete letzten Samstag kurz nach dem letzten Blogbeitrag. Die gemaechliche Busfahrt nach Quito liess auf einen weiteren stressfreien Verlauf unseres Trips hoffen. Doch in Quito ausgestiegen bemerkte ich, dass ich laufend Dinge aus meinem Tagesrucksack verliere. Die messerscharfe Situationsanalyse ergab einen seitlich aufgeschlitzten Rucksack und den Verlust meiner Wasserflasche. Momol, grosser Fang Herr Raeuber! Ich kann definitiv von Glueck reden, dass der Fotoapparat, die ca. 250 Dollar Bares, Pass und all der restliche Ramsch noch immer drin waren! Und vermutlich nur darum, weil ich kurz vor Quito bemerkte, wie mein Rucksack abkippte und – mir dabei nichts weiter denkend – ihn wieder mit dem einen Bein aufrichtete und sich so dieser Schafseckel von Schlitzer wieder zurueckzog, um nicht weiter aufzufallen. Unglaublich! Da passt man als Frischling auf dem Subkontinent zunaechst auf und nimmt gemaess Empfehlungen den Rucksack stets auf den Schoss. Und dann wird man routinierter (und damit nachlaessiger), setzt ihn zwischen die Beine auf den Boden (da bequemer), es passiert monatelang nichts und ploetzlich wird man um Hab und Gut (na gut, im konkreten Fall ist die Wasserflasche, trotzdem Wasser Leben ermoeglicht, nicht gerade das Wichtigste das wegkam) erleichtert. Es muss ein Kind gewesen sein, denn etwas anderes kommt gar nicht unter dem Sitz hindurch. Haette ich in jener Situation des kippenden Rucksacks, statt an eine scharf genommene Kurve zu denken, die richtigen Schluesse gezogen, waere meine Folgehandlung gegenueber dem Taeter wohl nicht von der feinsten Art gewesen.
Nach dem Znachtessen konnte ich dank McGyvers Utensilien (Sternlifaden und Nadel) den Schlitz notduerftig zunaehen und war wieder geruestet fuer die Nachtbusreise. Dieses Mal wieder mit dem Rucksack auf meiner Schoss…
Ach ja, fast vergessen: In Quito trafen wir noch den Rest der Expeditionstruppe, welche aus unserem Guide Jonas, seinen Kollegen Resi (i hol‘ di mit’m Traktor ab), Reto, sowie der Otavalofraktion bestehend aus Kathi, Clivia, Rebekka und mir bestand.

Laguna Limoncocha
In Lago Agrio stiegen wir zur Weiterfahrt nach der Oelstadt Shushufindi um, wo uns ein leckeres Zmorge (Fisch mit Reis und Kochbananen) fuer die Weiterfahrt mit der Camioneta nach Limoncocha staerkte. Schon fast am Ziel, mussten wir fuer die zweitletzte Meile noch auf das Kanu umsteigen, worauf noch ein kurzer Fussmarsch zum kleinen Plateau ueber der Lagune anstand.
Die Laguna Limoncocha befindet sich inmitten eines Naturschutzgebietes im Sueden von Shushufindi und im Osten von Coca (San Francisco de Orellana) nahe des Rio Napo. Der maeandrierende Rio Napo hat die Lagune gebildet und speist sie vom heutigen Flusslauf noch mit ein wenig Frischwasser.
Unser Gastgeber Don Silverio ist mit seiner Frau vor 50 Jahren als Oelarbeiter zur Lagune gekommen und es hat ihm derart gut gefallen, dass er sich gleich niedergelassen und sein kleines Reich aufgebaut hat. Inzwischen ist er ein alter Dschungelfuchs. Eigentlich haetten wir laut (dem aeusserst flexiblem) Programm mehr mit der Familie des Don Silverio machen sollen. Doch leider ist der Bruder seiner Frau in der ersten Nacht verstorben, sodass wir mehr auf eigene Faust unternahmen oder eben mehr Zeit in den Haengematten verbrachten.

Jagen, Schlachten, Essen
Um als Selbstversorger nicht zu verhungern, mussten wir unser Essen halt jagen oder pfluecken gehen. Auf dem Menuplan standen Piranhas, Kaymane, Huehnli, Bananen, Verdes, Eier, Hierbaluisa, Bohnen und – als einzige nicht in Eigenregie gehaltene Zutate – Reis. Zum Glueck war die persoenliche Essensration nicht vom Fangerfolg abhaengig, sonst haette ich fasten und Achmed noch sein Ohr essen muessen – doch dazu nachher.
Schon am ersten Tag stachen wir mit dem Kanu raus in die Lagune um unser Nachtessen zu verdienen. Nach kurzer Instruktion liessen wir die Piranhaherzen mit einem Gueggeliherz hoeher schlagen, mit dem Ziel, dass dann unsere Herzen hoeher schlagen werden wenn sie (die Piranhas) am Haken haengen. Die Fangquote war, gelinde gesagt, ziemlich bescheiden und nur dank Jonas hatten wir zum Znacht ueberhaupt die Moeglichkeit, Graete abzuknabbern. Die kleinen Raeuber sind blitzschnell im Fleisch anknabbern . Zieht man nicht im richtigen Moment, hat man wenigstens fuer die naechste Angelsession fuer groessere Fischli gesorgt und steckt ein neues Stueck Gueggeliherz ueber den Haken.
Der zweite Tag startete furios: Beim Runtersteigen zum Kanu fiel Achmed zweimal auf das Fuedli und hatte beim Versuch, wieder in ihre Croks einzusteigen eine Spinne entdeckt. Getreu dem Klischee geraet frau in einem solchen Moment ausser Kontrolle. Dummerweise hatte sie noch eine Rute samt Haken in der Hand – und jetzt kommt der Haken an der Sache: Der Haken schwingt unkontrolliert durch die Luft und bohrt sich in Achmeds Ohr (it’s only a flesh wound 😉 ). Fazit: Vom Dreizack ist ein Haken ganz durch, einer nur so halb und der Dritte liess Gnade walten. Die nachfolgende Dschungeloperation bestand darin, den zweiten Haken auch noch ganz durchzustossen, um dann die Widerhaken abschneiden und das Ungetuem aus dem Ohr rausziehen zu koennen. Jeder Piercer haette sich ob dem sauberen Doppelstich eine Scheibe abschneiden koennen.
Der Fangerfolg beim anschliessenden sachgerechten Einsatz der Ruten war etwas groesser als am Vortag und reichte schon fuer zwei bis drei Piranhas pro Nase. Unter sachkundiger Anleitung unseres geliebten Fuehrers (nein, wir hatten keine sozialistischen Vorkommnisse) Jonas nahmen wir die Fischli sogleich auseinander und praeparierten sie fuer das nachfolgende Zmittag. Dazu gab es unter anderem auch Kochbananen, sogenannte Verdes, die wir zuerst noch von den Baeumen holen mussten.
Am dritten Tag war der Huehnerplausch angesagt. Die beiden in Shushufindi gekauften Huehner, die sich auf der Camioneta ihre Federfrisur verwinden und es sich die folgenden Tage unter dem Wohnhaus mehr oder weniger gut gehen liessen, waren definitiv faellig. Henkermeister Jonas fuehrte die zwei Auserwaehlten Schlaeger in die Kunst des gezielten Schlags ein und wir alle wurden Zeugen, wie ein Huhn auch ohne Kopf noch munter weitergackern und Purzelbaeume schlagen kann. Die beiden Federviecher wurden rasch auseinandergenommen und kurz darauf frisch als Bestandteil der (Huehner-) Suppe zum Znacht verspiesen.
Tags darauf war der in der Vornacht gefangene kleine (1.5m) Kayman als Morgenessen an der Reihe. Nur soviel: Ich habe schon besser gespiesen und es war nur des Speziellen und nicht des Geschmacks wegen eines Geburtstagszmorgens (Rebekka) wuerdig. A propos Kayman: Ich vermisste den grossspurig angekuendigten Tanz eines 6m-Kaymans neben unserem Kanu…

Chillin‘ the Jungle
Nebst der Nahrungsbesorgung kosteten wir die (zugegebenermassen unbequemen) Haengematten auf dem nicht gerade vertrauenswuerdigen Hochbau ausgiebig aus. Zudem wurde die mitgebrachte Gitarre nicht zu knapp bespielt und Resis aus einem Bambusrohr gebastelten Didgeridoo wanderte beim Versuch der Zirkulationsatmung auch munter umher.
Die im feuchtheissen Klima herbeigesehnten, im wahrsten Sinne des Wortes coolen Duschen waren auch handmade. Aus einer staendig sprudelnden Quelle schuetteten wir das erfrischende Nass solange ueber den Koerper, bis der Dreck und nachher das Duschmittel abgewaschen und der Koerper runtergekuehlt war. So ganz nebenbei war dies auch unsere Trinkwasserquelle.
Die Geraeuschkulisse war waehrend 24 Stunden ueberwaeltigend! Aber insbesondere nachts, wenn das Hirn nicht mehr mit den Informationen des Auges bombardiert wird und das Ohr die Nervenbahnen fast alleine beanspruchen darf, ist es ein Hoergenuss sondergleichen dem Zirpen, Singen, Pfeifen, Kraechzen, Schnaufen und Schreien zuzuhoeren!

Und sonst
Nach Ankunft am fruehen Donnerstagnachmittag war mal das Waschen all des feuchten Zeugs mit Prioritaet 1 behaftet; zudem wollte ich mich mal wieder updaten, was in der weiten Welt so geht und was meine Liebsten so tun. Und es galt Schlaf nachzuholen.
Am Freitagmorgen hatte ich keine Schule und so begleitete ich Kathi und ihre Schueler auf einem kleinen Schulreisli den Berg hoch zu einer Forellenfarm. Und weil bald Carneval ist, trugen alle Kinderlein irgendwelche Wasserflaschen mit sich. Es ist Brauch, in dieser Zeit andere Leute zuenftig nass zu machen – das weiss ich seit gestern. Doch gerade aktuell ist dieser Brauch ziemlich fragwuerdig, leiden doch alle an Wassermangel, die Ernten sind ernsthaft in Gefahr und selbst in den Wohnhaeusern muss man teilweise drei Tage ohne fliessend Wasser auskommen. Es faellt mir aber nicht zum ersten Mal auf, dass Ecuadorianer, insbesondere die Kinder, nicht ueber den Moment hinaus studieren. Und der Moment hiess eben Wasserspass. Wie auch immer, lange blieb der Wasserkampf unter den Kindern. Doch ganz zuletzt hatte noch irgendwer die tolle Idee, man koenne ja auch Kathi und mich ins Spiel miteinbeziehen (wie freundlich!). Jedenfalls traten wir beide richtig triefend nass, ich in schampar schnell trocknenden Jeans und ohne Durchblick durch die Brille, wieder den Rueckweg an. Schon lange nicht mehr habe ich eine warme Dusche so genossen.
Heute Morgen bin ich zum ersten Mal auf dieser Hoehe bewusst joggen gegangen, denn der Sportunterricht in Tocagón kann man fuer mich nur halbwegs als fitnessfoerdernd bezeichnen. Im Stadion lief ich auf der 400m-Bahn 20 Runden, denn ausserhalb ist es mit den vielen wilden Hunden schlicht zu gefaehrlich und ich kann auf eine zweite Markierung am Bein dankend verzichten. Das reicht mal fuer den Anfang des Hoehentrainings und bis zum naechsten Marathon oder Triathlon bleibt genuegend Zeit ;-).
Und natuerlich gilt es fuer die kommende Woche wieder Lektionen vorzubereiten und sich Ideen ueber ein allfaelliges Rahmenprogramm zu machen. Mehr dazu dann wenn die Sache etwas ausgereifter ist.